Die Welt ist aus den Fugen geraten. Man ist fast versucht, sich eine Normalität zurückzuwünschen, die man stets abgelehnt hat. Alles ist anders, nur eins ist klar: Es wird eine Zeit vor und eine Zeit nach 2020 geben. Und dazwischen?
Dazwischen verabreicht die Antilopen Gang der Menschheit ab heute mit ihrem neuen Album „Adrenochrom“ die längst überfällige Zwangsimpfung.
Zeitgleich erscheint das Video zu „Army Parka“, der neuen Single der Antilopen Gang. Ein Spätsommerhit voller Ladendiebstahlromantik, der hier zu sehen ist.
Spontan in der Isolation entstanden, erscheint „Adrenochrom“ nur ein halbes Jahr nach Veröffentlichung ihres letztenTop Ten-Albums „Abbruch Abbruch“, das für die erste Jahreshälfte titelgebend war und sich somit gleichzeitig verhinderte wie auch verwirklichte. Wenn alle Konzerte ausfallen, dann meldet sich die geliebte und gehasste Antilopen Gang eben mit einem vollwertigen, brandheißen Album aus dem Lockdown zurück, das genug Stoff bietet, um auch in der zweiten Jahreshälfte geliebt und gehasst zu werden.
Die Antilopen sind HipHops Problemkinder und haben sich ihr „Adrenochrom“ in einem grausamen Ritual selbst abgezapft. Es verursacht einen wohligen, süchtig machenden Rausch. Doch sind die Zeiten schwer, wird die Musik der Antilopen Gang leicht. Wo Soulsänger vor Verzweiflung weinen, gehen die Antilopen in den Keller und lachen sich kaputt. Es ist ein wohltuendes Gelächter über den allgegenwärtigen Wahnsinn, der mit Corona hochgekocht ist. Anstatt sich jedoch zu sehr in den vermeintlich großen Themen dieser Zeit zu verlieren, macht sich die Gang auf „Adrenochrom“ vor allem locker und widmet sich intuitiv dem guten alten Battle-Rap, der lebensnotwendigen Sprücheklopferei.
Auch die wichtigste Rap-Crew Europas ist hart von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie getroffen, aber davon sollen andere ein Lied singen. Auf dem neuen Antilopen-Album gibt es stattdessen Ladendiebstahlromantik und die Huldigung des eigenen imaginierten Reichtums, womit nebenbei der Soundtrack für den letzten Sommer vor der Rezession bereitgestellt wird. Die Gang lässt verlauten: „Wenn man wie wir mehrfach mit seinem Schaffen versehentlich die Zukunft vorausgesagt hat, dann überlegt man sehr genau, was man sagt. Kernthese des Albums ist deshalb insbesondere, dass wir glücklich, erfolgreich, reich und alle anderen Rapper Idioten sind. Letzteres ist Fakt, Ersteres regelt Adrenochrom für uns.“
„Adrenochrom“, das sind zwölf Lieder - produziert von Ghanaian Stallion, Shuko, Faluti, Fonty, Yourz, Tombs Beats, Provo, C.O.W. und der Gang selbst - sowie zwei Skits mit ein paar Rückmeldungen von Antilopen-Kritikern. Erstmals auf dem bandeigenen Label „Antilopen Geldwäsche“ und nur digital veröffentlicht, verzichten die Antilopen überheblich auf jeden Schnickschnack, jedes Verpackungsmaterial und jede Promophase. Sie selbst merken an: „Wir haben das Album im Internet geschrieben und nun geben wir es dem Internet zurück. Das Internet hat uns durch diese schwere Zeit gebracht, wir sind es ihm schuldig.“
Es geht mit Pauken, Trompeten und einer Überdosis Adrenochrom in die neue Realität.