Bisheriger Band - Höhepunkt war zweifellos der Wechsel zu Motor Music und die Veröffentlichung des Albums „Château Schrottgrenze“ 2006. Viele Hörer fragten sich, warum sie von dieser unwahrscheinlichen Band aus (mittlerweile) Hamburg noch nie etwas gehört hatten. Der Song „Am gleichen Meer“ genoss sogar eine langwöchige Rotation beim legendären „Smart Club“ im Münchner Atomic Café, der eigentlich ein Britpop-Abend ist.
Und schon wieder hat sich Einiges geändert: Schlagezuger Caddy hat sich komplett ins Studium verabschiedet und wird ab sofort von Benni Thiel ersetzt (Monochords, Good Heart Boutique). Herr Pohn sitzt an seiner Diplomarbeit, am Bass vertritt ihn derweil Christoph Kohler von Junges Glück, kein Unbekannter im Schrottgrenze-Universum. Im Mai 2007 wurde gemeinsam mit Peta Devlin (Die Sterne, Superpunk, Stella) das Hamburger Soundgarden Studio bezogen, dessen Türen zahlreichen Freunden wie Max Müller (Mutter), Christof Jessen (Das Weeth Experience) oder Deniz Jaspersen (Herrenmagazin) offen stand und auf „Schrottism“ als Gastmusiker zu hören sind.
„Schrottism“ kommt jetzt, mit zwölf, vom Großmeister Tobias Levin (Kante, Tocotronic, 100 andere tolle Bands und auch schon „Château Schrottgrenze“!) gemischten Songs, nicht nur wie aus der Pistole geschossen, der Herbst bringt auch gleich die passende Tournee.
Worauf man gespannt sein darf? Auf die großartigsten, wie Gebäck und Metall geschichteten Gitarren, die je auf einem Schrottgrenze-Album zu hören waren. Transparent und treibend, Stakkato und Wildverbiss, dazwischen auch mal funky. Musik, die wirklich ganz oben mitspielt. Alles, was R.E.M. und The Cure jemals richtig gemacht haben, potenziert mit den Lemonheads, Sonic Youth, auch Bloc Party oder einer anderen Neo-Britrock-Band nach Wahl – aber Verwechslungsgefahr besteht nicht, denn Alex Tsitsigias’ Gesang bleibt eine der prägnantesten Stimmen des Landes, traurig und erhebend zugleich. Und ein weiteres Mal entpuppt er sich als Imperator der letzten Strophe, in der oft der ganze Song seinen Plot-Twist bekommt. Was hier surreal ist und was Metapher, was von Kunstgalerien beeinflusst ist und was von belauschten Unterhaltungen im Café, das kann man zum Glück selbst vermuten. Oder entscheiden.
Es geht auf jeden Fall irgendwie um die schmerzhafte Reibung zwischen Welt und kritischem Geist, wenn Alex singt „Ich würde den Posten gerne schmeißen/ Man ist hier immer schlecht bezahlt/ Man kommt ganz schnell in die Miesen/ In Verhältnissen dieser Art.“ Mensch, ist das nicht doch Punk? Und dann kommt „Hinterland“, und kurz bevor das magisch verdrahtete Gitarrensolo in den Song fällt, stößt Alex einen Schrei aus, als ob er von seiner tektonischen Platte aus in eine andere Dimension hechten würde. In dieser Dimension spielt die Platte.
Wenn wir uns darauf bitte einigen können.