Baskische Musik ist hierzulande am ehesten von Kortatu und Fermin Muguruza bekannt. Dessen Band besteht zur Hälfte aus Musikern, die sich 2007 für eine eigene Band zusammentaten und trotzdem weiterhin für Fermin spielen: Esne Beltza. Der Name auf deutsch „Schwarze Milch“ (weiße Musiker machen Musik mit Wurzeln aus aller Welt) deutet bereits auf einen energetischen Crossover aus Ska, Reggae, Hiphop hin, oft bläserlastig, immer begleitet von der „Trikitixa“, dem diatonischen baskischen Akkordeon, und Texten in baskischer Sprache. Im Ganzen ist die musikalische Bandbreite noch viel größer. Alle Musiker bringen jahrelange Vorerfahrung aus Ska, Reggae, Hiphop, Punk, Rock und Metal mit.
Politisch beziehen Esne Beltza klare Stellung für die Unabhängigkeit des Baskenlandes von Spanien, für die Rechte der politischen Gefangenen und viele andere linke politische Themen. Die baskische Gesellschaft ist tief geprägt von selbstorganisierten Arbeits- und Lebensweisen, selbstverständlicher Solidarität und gegenseitiger Hilfe und natürlich einer großen Freude am Feiern. Diese Prägung zieht sich auch durch das gesamte stets energiegeladene fröhliche Werk von Esne Beltza und den Identitäten der Musiker persönlich. Nachdem alle vorherigen Alben auf kleineren baskischen Indielabels erschienen waren, erschien das fünfte Studioalbum „Gora!“ (Aufwärts, nach oben) im November 2013 auf dem neu gegründeten eigenen Label „5Gora“ ganz in DIY-Manier in Selbstverwaltung mit sämtlichen Aufgaben, die das Bandleben mit sich bringt, in eigener Verantwortung. Management, Design, Studio, Film und Foto, alles geschieht in Zusammenarbeit mit bewährten befreundeten Künstlern, Initiativen und Kollektiven.
Wie bei den Vorgängeralben haben viele Songs auf „Gora!“ eine persönliche Geschichte und beteiligen viele befreundete Musiker anderer Bands, von denen Esne Beltza einige auf der letztjährigen Welttournee von Fermin Muguruza wieder begegneten. Dem kraftvollen Ska-Punk-Opener „Gora“ folgt die verspielte Ballade „Itxarongelan“ (Im Warteraum) mit Adrià Salas, Sänger der seit langem befreundeten und auch hierzulande bekannten katalanischen Band „La Pegatina“, und der Sängerin der katalanischen „D'Callaos“. Beide tauchen auch später im Liebeslied „Lucharemos“ (Wir werden kämpfen) auf. Das Hiphop-lastige „Harresiko Kunbia“ (Die Cumbia der Mauer) beschreibt die Hoffnung der baskischen Gesellschaft, die sich aktuell in der politischen Entwicklung auftut: „Wir können an die Zukunft glauben, gib uns die Hand und komm mit uns“. Das traurige „Malko Bakoitzeko“ (Mit jeder Träne) beschreibt den Schmerz nach dem Tod eines guten Freundes der Band, der oft mit auf der Bühne stand. Das wieder Hiphop-lastige „Lokarriak“ (Fesseln) prangert die Manipulation und Verblendung durch die Medien an, die politisches Engagement verhindern. „Ahantzi“ (Vergessen) kommt sehr folkloristisch mit Sänger Xabi Solanos virtuosem Akkordeonspiel daher, in das DJ Zigor „DZ“ treffsicher Sounds und Samples reinscratcht, ein Konzept, mit dem die zwei auch gemeinsam als Sound System auftreten. Beim Drum&Bass- geprägten „Bonba Hotsez“ (Der Knall von Bomben) rappen Mal Elevé und Carlito von Irie Revoltés mit. Das Ska-rockige „Bagoaz“ (Los gehts) war Titelhymne der Korrika 2013, ein baskenlandweiter Staffellauf für die ganze Bevölkerung durch die meisten Dörfer, der alle zwei Jahre stattfindet.
Insgesamt gelingt Esne Beltza in ihren Songs sowohl musikalisch als auch in den Themen der Spagat zwischen den Sounds, Traditionen und Problemen des baskischen „Zuhause“ auf der einen Seite und diversen weltweiten Musikstilen und Themen der Weltpolitik andererseits. Zum Verstehen drucken sie ihre Texte auch in spanisch, englisch und französisch ab. In Deutschland gab es die Show der 9köpfigen Bigband bereits 2010 und 2012 zu sehen. Für Juli 2014 sind neue Konzerte in Deutschland und der Schweiz in Planung. Bestätigt ist auf jeden Fall ein Konzert am Samstag den 12. Juli in Berlin-Kreuzberg im „Clash“ am Mehringdamm. Die weiteren Daten werden noch bekanntgegeben.
by Carolin Breinker