Ja, was soll man über diese großartige Band vorneweg schreiben? Seit einiger Zeit ist sie in aller Munde und jeder zweite Depp rennt mit einem T-Shirt von ihnen rum. Aber eigentlich macht mir das alles gar nichts aus. Erstens haben sie es verdient, diesen Erfolg zu haben und zweitens ist mir das tausend Mal lieber, als wenn ich den 100.000en mit seinem APPD-Shirt rumlaufen sehe.
Ja und zugegeben, auch ich bin erst ziemlich spät, genauer gesagt mit der UNDERGROUND NETWORK, dem letzten regulären Album und ihrem ersten Output auf dem „Underground-Major“ FAT WRECK CHORDS, auf sie gekommen. Aber besser spät, als nie.
ANTI-FLAG vereinen einfach alles, was eine gute Band braucht. Wer sich ernsthaft mir Punkrock beschäftigt, kommt an der Band aus Pittsburgh einfach nicht vorbei. Zuerst einmal steht die Musik. Voller Energie und dennoch melodisch. Dann die Texte. Ernsthaft, nachdenklich, manchmal auch spaßig. Und letztlich das Umfeld. ANTI-FLAG singen nicht nur über Probleme, nein, sie versuchen auch (nicht nur durch die Band), diese aktiv zu bekämpfen. Und wenn es auch nur mal darum geht, auf eine Demo zu gehen. Das ist ja dem Ottonormal-Punk heutzutage leider teilweise schon zu viel bzw. zu politisch…
Auch gehen sie, für Punkrockverhältnisse, mal ganz neue Wege. So veröffentlichte Sänger und Gitarrist JUSTIN SANE auch schon mal ein Soloalbum. Nur mit seiner eigenen Gitarre begleitet.
Mit Erscheinen des neuen Albums „The Terror State“, ergab sich für mich die Möglichkeit, der Band, in diesem Falle Chris #2 ein paar Fragen zu stellen.
Einige davon wurden nicht ganz geklärt. So zum Beispiel, wie denn nun genau die Unterschiede aussehen, wenn man eine Platte auf einem eigenen Label oder eben bei FAT WRECK raus bringt. Oder die Frage, ob schon mal jemand versucht hat, sie vor ihren Karren zu spannen, so wie es bei uns in Doofland ja beispielsweise mit TON STEINE SCHERBEN passiert ist. Das lag zum einen an einer gewissen Sprachbarriere, nicht alles sofort (akustisch) verstanden zu haben & meiner teilweise fehlenden Spontanität bzw. Schlagfertigkeit. Nichtsdestotrotz, so denke ich, ist es ein sehr interessantes Interview geworden. Ja für mich sogar eines der Besten, die ich je gemacht habe. ANTI-FLAG sind ganz groß, die neue Platte ist der Hammer & um „mitreden“ zu können, sollte man MINDESTENS eine Platte von ihnen zu Hause im Schrank haben. Cheers & viel Spaß.
Wenn man in Amerika ein Album namens „The Terror State“ veröffentlicht, welches eindeutig die die Rolle der USA und ihr Wirken thematisiert. Bekommt man da nicht einige Probleme? Und wenn ja, was für welche? Wie geht Ihr damit um?
Patriotismus wird in Amerika ganz groß geschrieben. Er basiert auf dem Nationalismus, was eine der Hauptdinge ist, die wir mit der Band bekämpfen wollen. Nicht nur bei uns. Wir wollen den Nationalismus in allen Ländern beseitigen. Es ist Zeit, Leute nicht mehr mit Flaggen zu verbinden, oder die USA mit der Nummer 1 oder was auch immer… Nein, es ist wirklich Zeit, das man anfängt die Leute als Welten und Kulturen zu betrachten und dass man lernt mit jedem zu leben. Darauf trifft man auf jeden Fall ein bisschen in den Vereinigten Staaten. Die Reaktionen auf das Album waren wirklich gut und ich glaube das kommt daher, dass jeder die Schnauze von Gorge W. Bush voll hat. Von seinen krummen Machenschaften genug hat, so dass sie Ausschau halten, nach etwas was nicht die gleiche Stimme ist. Und wir sind nicht die gleiche Stimme.
Was ist mit den Politikern? Haben sie versucht Euch daran zu hindern die CD zu veröffentlichen?
Nein. Es passierten zwar in der Vergangenheit einige merkwür- dige Dinge, wie z.B. dass wir nicht unbedingt alle Post kriegten, auf der Anti-Flag draufstand und solche Sachen. Diesmal hatten wir aber das Glück, dass es keine negativen Auswirkungen auf unsere Karriere durch Politiker gab. Aber ich wüsste auch nicht, ob das jemals passieren wird. Es gab da schon einige ziemlich große Bands, die so gut wie nicht zum Schweigen gebracht werden konnten.
Großartig fand ich die Idee, im Außencover eine Anleitung zum Anfertigen einer Sprühschablone aufzudrucken. Ist das ein Anstoß für die eigene Kreativität bei den Leuten? Denkst Du, sie ist bei einigen Leuten abhanden gekommen. Und wenn ja, warum?
Der Grund warum wir das taten, ist, dass wir dachten, wir müssen uns neue Wege überlegen um unsere Botschaft zu verbreiten. Die Medien, besonders die der Vereinigten Staaten und auch immer mehr die der Welt, sind so Firmenkontrolliert und so Profitausgerichtet geworden, dass Du nicht wirklich die Nachrichten erfährst, sondern nur große Beiträge, die große Einschaltquoten bringen. Ja, und wir dachten uns, lasst uns einen Schritt zurückgehen und es wieder auf die Straße bringen. Flyer unter die Leute bringen und vielleicht Graffiti. All das, was auch immer du tun musst um seine Gedanken öffentlich zu machen…
Ihr wollt also einen neuen Weg ebnen um die Leute zu informieren?
Hoffentlich, ja!
Zu Euren Songs schreibt Ihr immer noch eine ganze Menge Linernotes und gebt weiterführende Quellen zum Selbststudium in Euren Booklets an. Was für eine Bedeutung haben diese für Euch? Und ist das immer nötig. Habt Ihr manchmal Angst missverstanden zu werden?
Mmh, naja: Ja und nein. Grundsätzlich bist du in einem CD-Booklet sehr begrenzt, genauso wie du bei einem Album sehr begrenzt bist. Verstehst du wir schreiben Lieder, die 2 ½ Minuten lang sind. Es ist schwer die Welt in 2 Minuten zu ändern. Deshalb sehen wir Anti-Flag grundsätzlich als eine Art Anstoß. Wir hoffen, dass jemand zu uns kommt, zu einer Punkrockshow, von der er vorher vielleicht dachte, dass es nur um Musik geht. Dann aber merkt er, dass es darum geht, zu versuchen positive Veränderung herbeizuführen, die sich in der ganzen Punkrock-Gemeinschaft und in der ganzen Welt verbreiten soll. Dann kauft er sich vielleicht irgendwann eine Anti-Flag CD oder hört sich die Lieder im Internet an, oder was auch immer und will sich noch weiter informieren. Vielleicht will er noch mehr herausfinden. Will rausfinden, wie man etwas ändern kann. Und dann liest er weiter & denkt vielleicht: „Oh das hört sich ja interessant an…“ Verstehst Du, wir wollen den Leuten die Möglichkeit geben, auf die Straße zu gehen und Wege herauszufinden, wie sie die Welt für sich und für die Menschen in ihrem Umkreis verbessern können.
Ihr wollt den Leuten also nicht erzählen was wichtig ist, sondern sie selbst zum nachdenken bringen?
Ganz genau. Und so war das schon immer mit Anti-Flag. Die Leute können uns sagen, daß wir nur Scheiße reden, sie können uns total widersprechen. Wir wollen den Leuten nicht erzählen was sie tun sollen, wir wollen nur versuchen, dass sie über die Welt um sie herum nachdenken.
Dan Rather, einer der großen Nachrichtensprecher Amerikas meinte in einem Interview mit der BBC, daß die Medien Amerikas sich im gewissen Sinne selbst zensieren. Wenn man kritisch berichtet würde man als unpatriotisch gelten. Wie kann im Land der unbegrenzten Möglichkeiten so etwas geschehen? Warum finden sich das Volk und auch die Medien damit ab?
Nun ja, der Grund ist, dass jeder es tut und es keine Quellen von Außen gibt. Verstehst du, wann immer die gleichen Leuten alle Medien besitzen, die Geld von den gleichen Gesellschaften bekommen, werden sie zuerst die Dinge tun, die im Interesse der Firmen sind und keine Dinge im Interesse des einfachen Menschen.
Ich denke, es ist wirklich erstaunlich, dass Dan Rather so etwas gesagt haben soll obwohl es jeder weiß. Wir haben auch mal etwas auf FOX gesehen, als eine Moderatorin sagte: „Als die Kriegspolitik von Bush zusammengestellt wurde, dachte ich dass einige Dinge nicht zusammen passen und ich hatte Angst etwas zu sagen, weil ich nicht unpatriotisch erscheinen wollte.“ Ich glaube, dass genau das das gefährliche Element von Nationalismus und Patriotismus ist. Die Gehirnwäsche. Ich sehe nichts Falsches daran, wenn es andere Meinungen gibt, ich sehe nicht Falsches daran, wenn man auf die Probleme aufmerksam macht und man versucht sie in Ordnung zu bringen. Das ist das Wichtigste und das ist was wir als Band versuchen zu tun. Das ist es, warum wir versuchen, wenn Songs von uns gespielt werden, die Anti-Werbung für die Armee zu sein. Oder wir versuchen die andere Medienquelle zu sein und nicht Fox-Nachrichten.
Kommen Eure Lieder auch auf ganz normalen Radiostationen?
Zum aller ersten Mal wurde ein Lied von unserem neuen Album auf ein paar Radiostationen gespielt. Das ist wirklich interessant, aber bis jetzt sind wir noch nicht sicher was wir davon halten sollen. Es ist eines von den Dingen, die einfach passieren. Aber um noch mal auf das zurückzukommen, worüber wir eben gesprochen haben. Der Grund warum ich denke, dass das passiert ist, dass es Leute gibt, die Politik von Bush so satt haben, dass unsere Musik für sie etwas ist, was ihre Meinung teilt. Sie wissen aber nicht, dass wir das schon seit Jahren machen.
Gibt es im Moment viele Proteste in Amerika?
Ja, es gibt eine viele Proteste. Wir sind erst letzten Samstag in Washington DC. Gewesen. Da gab es einen Protest, gegen George W. Bush und die Besetzung vom Irak. Es war ein Erfolg und ich glaube an die 30 bis 50.000 Leute nahmen teil. Diese ganze Bewegung wächst immer noch in den Staaten.
Dieses Zitat habe ich aus einem, in Deutschland gerade erschienenen und ziemlich umstrittenen Buch. Dieses Buch lässt die Möglichkeit offen, daß der CIA oder andere Geheimdienste hinter den Anschlägen vom 11.09. stecken. Was haltet Ihr von einer solchen Verschwörungstheorie?
Das ist lustig. Wir hatten einige Leute, die mit uns über diese Verschwörungstheorie geredet haben. Hast du das Booklet von unserem neuen Album gesehen?
Ja, hab ich.
In diesem Booklet steht einiges über die Organisationen, bei denen der Großteil von Bushs Kabinett Mitglied ist und diese Organisationen haben Literatur veröffentlicht, die in den späten 80zigern geschrieben wurden. Eine Sache worüber sie schrieben ist der Weg, wie der Westen die Weltvorherrschaft bekommt, da sie die einzige übrige Supermacht sind. Was sie unter anderem sagen ist, dass sie die absolute Unterstützung des Volkes brauchen und dass sie eine Möglichkeit hätten, diese mit einem Ereignis wie Pearl Harbor zu bekommen.
Mmh - Hat die Bush Administration, oder die CIA den 11. September geplant?
Ich weiß es nicht, ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich mein, ich glaube schon, dass er böse genug ist, so etwas zu tun, aber ich habe keine Beweise gesehen, die zeigen würden, dass er es geplant hat.
Wenn Du mich fragst, dass sie vielleicht wegschauten, als es passiert ist? Sage ich: Ja. Und macht sie das schuldig? Ja. Ich weiß, dass die CIA gemeldet hat, dass es eine geplante Attacke mit einem Flugzeug gibt, die irgendwann passieren sollte. Diese Dokumente sind veröffentlich worden und brachten all diese Diskussionen in Gang. Ich weiß, dass kurz nach dem 11. September George Bush die Bin Laden Familie nach Hause geflogen hat, dass die einzigen Menschen, die zu dieser Zeit die Erlaubnis hatten amerikanischen Luftraum zu benutzen, Mitglieder der Bin Laden Familie waren.
Damit mein ich, dass es viele offene Fragen nach dem 11. September gibt.
Hmmh, keine Ahnung. Man würde hoffen, dass niemand jemals so etwas tun würde, aber wenn man sich gleichzeitig anschaut, wie er Dinge im Moment leitet, tut er dies wie ein Diktator, wie eine böse Person.
Zurück zum Album. Wie kam es dazu mit „Post-War Breakout“ einen Woody Guthrie-Song zu covern. Wie bekamt Ihr Zutritt zum Archiv?
Auf dem letzten Album, „Underground Network“, gibt es einen Song, den wir geschrieben haben und zwar „This machine kills fascists“. Dieser handelte von Woody Guthrie und warum er für die Musik und für Anti-Flag wichtig war. Die Tochter von Woody Guthrie hat einen Sohn, der ein Fan unserer Band ist und ihr das Album zeigte. Und sie lud uns ein vorbeizukommen und etwas von seinen nicht verwendeten Texten zu benutzen und Musik für diese Texte zu schreiben. Ich denke, dass es einer der besten Songs vom Album ist, wenn nicht sogar der Beste. Und für uns war das eine sehr große Ehre, weil er vor 40 oder 50 Jahren das tat, was wir jetzt tun. Die Art wie Leute Musik als Kampf benutzen um ihre Gedanken zu verbreiten ist verblüffend. Es ist verblüffend, dass Sie damals Musik als Mittel für den Kampf ihre Gedanken zu verbreiten benutzen, und dass Musik heute immer noch dazu benutzt wird.
Mobilize ist auf Eurem eigenen Label erschienen. Damit konntet Ihr am Besten sehen, wie viel Platten man ohne die Fat Wreck Distribution verkaufen kann, obwohl man schon einigermaßen bekannt ist. Wie groß ist der Unterschied. Hat Euch das bestätigt, zu FAT gegangen zu sein?
Als wir „Mobilize“ raus brachten wussten wir die ganze Zeit, dass wir zu Fat Wreck zurückkehren würden. Wir lieben die Menschen dort und glauben es ist ein großartiges Label. Mobilize brachten wir auf unserem eigenem Label raus und es verkaufte sich wirklich gut. Die Stelle an der es wehtut, ist das AF-Records nicht die gleichen europäischen Vertriebsmöglichkeiten hat, wie Fat Wreck. Das war die große Sache dabei.
Aber gleichzeitig sind wir immer noch wie Punkrockkids, die es einfach lieben, ihr eigenes Album herausbringen zu können. Es gibt nichts Schöneres für uns. Nichts ist besser als die Kontrolle über das eigene Schicksal zu haben. Wir kennen Mike und wir lieben Fat-Wreck. Wir lieben jeden der dort arbeitet, deshalb wussten wir, selbst als wir Mobilize auf unseren eigenen Label herausbrachten, dass sie ohne jeden Zweifel 100prozentig unser nächstes, reguläres Full Length-Album kriegen würden und das taten sie auch.
Ich sah dieses Album nicht so sehr als einen Test an, ob wir es auch ohne Fat Wreck schaffen würden, sondern ich sah es mehr so, dass wir zu unseren Wurzeln zurückkehren und unser eigenes Album herausbringen wollten. Und dadurch auch die Aufregung zu haben, die Aufnahmen zu leiten und zu sehen wie alles fertig wird, anstelle es einer Produktionsfirma zu geben, die Dir alles abnehmen.
Was für Erwartungen habt Ihr mit dem neuen Album?
Die gleichen die wir bei jedem Album haben. Wir wollen, dass so viele Leute wie möglich das Album hören. Wir wollen nicht immer voller Erwartung sein, auch wenn wir glauben, das das diesmal das beste Album ist was wir jemals produziert haben. Und wir hoffen, dass uns die Leute eine Chance geben und es sich anhören. Ich glaube wirklich, dass sie es mögen werden. Außerdem denke ich, dass die meisten Gedanken dieses Albums nicht predigerhaft sind, sondern in einer Weise dargebracht werden, dass man sich das rausziehen kann was man will und wir hoffen, dass Leute von diesem Album etwas lernen können.
Das neue Album wurde von Tom Morello produziert. Inwiefern hat das Euch beeinflusst?
Tom Morello war eine große Hilfe das Album zu machen. Sowohl am Anfang, als die Lieder geschrieben wurden, als auch bei der späteren, eigentlichen, Vertonung und der Produktion des Videos und Dingen wie z.B. welches Lied man als Singleauskopplung nehmen soll usw. Wir hatten für dieses Album ungefähr als 50 Lieder geschrieben und wir nahmen Demos auf. Wir schickten sie ihm zu, er hörte sie durch und sagte uns welchen Teil er mochte oder nicht. Wir sind alle Lieder zusammen durchgegangen und am Ende kamen die 14 Lieder auf dem Album dabei raus, über die wir sehr glücklich sind. Er ist ein großartiger Musiker und wir mögen all seine Arbeiten. Es ist einfach von ihm Ratschläge anzunehmen, da er sehr intelligent und gebildeter Musiker und Mensch ist.
„Underground Network“ hatte mich so ziemlich weggeblasen. Ich war sofort verliebt in Anti-Flag und ich fragte Wiebke von Fat Wreck Europe, wann Ihr mal nach Berlin/Europa kommt. Sie sagte, das wäre im Prinzip kein Problem, wenn sich Veranstalter finden würden, ein „Nichtraucher-Konzert“ durchzuführen. Habt Ihr wirklich Probleme damit?
Justin unser Gitarist und Sänger ist höchst allergisch gegen Zigarettenrauch und in Europa ist es sehr hart für ihn, weil es dort viele Menschen gibt, die rauchen. Also versuchen wir ihn im Hintergrund zu halten. Der einzige Punkt, der wirklich ärgerlich ist, ist wenn er, während wir später mit den Leuten, die zu unserem Auftritt kamen, rumhängen, was wir wirklich gern tun, in den Tourbus gehen muss, weil es zu verraucht ist. Das ist blöd. Das ist das einzige Problem. Außerdem wollen wir nicht, dass er krank wird. Wir können ihn nicht zu sehr Zigarettenrauch aussetzen, weil er dann wirklich krank werden würde und wir unter Umständen vielleicht die Tour absagen müssten. Aber ich glaub wir kommen entweder Ende Februar oder in den ersten zwei Märzwochen nach Berlin zurück.
Großartig. In Deutschland / Europa läuft gerade eine starke „Anti-Raucher-Kampagne“. Würdet Ihr in Amerika dafür sogar evtl. einen Song zur Unterstützung schreiben, wenn man Euch fragen würde.
Ich hab keine Ahnung. (lacht) Darüber müssten wir nachdenken. Tabakkonzerne sind eine der angsteinflößensten Dinge auf der Welt, weil sie Millionen und Billionen Dollar damit verdienen, dass sie an die Menschen im Grunde Gift verkaufen. Ganz offensichtlich ist es ein heikles Thema, da die Leute das Recht haben zu rauchen und tun und lassen können was sie wollen. Aber es wird dann lückenhaft, wenn man der Tatsache ins Auge sieht, dass diese Tabakkonzerne den Politikern der Welt Millionen von Dollar geben. Sie ihnen helfen und sie unterstützen. Jeden Tag sterben deshalb Menschen.
Es ist ein wirklich heikles Thema. Würden wir darüber einen Song schreiben? Ich weiß es nicht. Wir müssten vorher ein paar Details kennen und wissen wie es zustande kommen soll.
Oft erwähnt Ihr in Interviews die Rolle der USA als Waffenexporteur. Hat man Euch ein Angebot gemacht, bei „Bowling for Columbine“ einen Song beizusteuern? Oder hättet Ihr Euch das gewünscht?
Oh ja, auf jeden Fall. Ich finde „Bowling for Columbine“ war ein großartiger Film und wir könnten die ganze Filmmusik dafür schreiben, wenn man uns darum bitten würde. Von Anfang bis Ende.
Wie beurteilt Ihr die Filme und Bücher Michael Moores?
Ich finde er ist toll. Und ich glaube das was er macht, geht dahin zurück was ich vorher sagte. Jede Art von Abweichung, jede Art von Hinterfragung der Sachen, die gerade passieren, ist gut und ich glaube das ist das patriotischste was man tun kann.
Überhaupt. Hat schon mal jemand versucht, Euch für seine Sachen vor den Karren zu spannen?
Wir sind alle sehr verwickelt in unsere Band und die Chance, Dinge von uns zu benutzen ohne dass wir davon erfahren ist sehr gering. Aber es gab schon Leute die von uns Platten veröffentlichten und sie zu teuer und illegal verkauften und so etwas. Das sind aber nur schlechte Geschäfte. Auf solche Dinge achten wir nicht so sehr.
O.k., dann war es schließlich soweit (Ich war leider nicht da) & Ihr habt MILLENCOLIN supported. Wie waren die Reaktionen? War es für Euch in Ordnung mit MILLENCOLIN, eine in meinen Augen eher unpolitische Skaterband, zu touren?
Es war merkwürdig, weil wir Millencolin in den Staaten bei der Warp-Tour kennen gelernt hatten. Sie sind eine großartige Band, auch wenn es stimmt, dass sie nicht so politisch seien mögen. Aber sie sind sehr schlau und sie sind auf keinen Fall Faschisten (Das sag ich ja gar nicht – Anm.), sie sind auf jeden Fall politisch engagiert und intelligente Individuen, sie drücken das nur nicht durch ihre Musik aus. Und damit haben wir überhaupt kein Problem. Sie fragten uns ob wir mit Ihnen zusammen eine Europa-Tour machen wollen. Wir hatten ja keine Vorstellung davon wie bekannt sie hier sind. Als wir hier ankamen, waren die Auftritte riesig. Wir dachten: „Heilige Scheiße, unglaublich wie bekannt diese Band hier ist. Wir waren total verblüfft und wir schulden Ihnen echt viel und sind dankbar, dass sie uns mitgenommen haben.
Mit „911 for peace“ und dem „Protest-Song“ mit den Donots und ZSK seid Ihr zweimal auf aktuelle Ereignisse ziemlich schnell eingegangen. Das Internet macht´s möglich. Besteht da nicht manchmal die Gefahr, voreilige Schlüsse zu ziehen. Sachen falsch auszulegen, ja Fehler zu machen. Oder andererseits auch oberflächlich zu schreiben?
Wir haben versucht beide Songs in einer Art und Weise zu schreiben, bei der man nicht über das Ziel hinaus schießt oder mit dem Finger irgendwohin zu zeigen. In beiden Songs geht es nur um den Gedanken, dass Krieg in keinem Fall die Antwort ist. Und darum geht es in den beiden Liedern. Sie handeln darüber, neue Wege zu finden um Probleme zu lösen anstelle von einfach hinzugehen und Bomben auf Menschen abzuwerfen. Dadurch gingen wir meiner Meinung nach sicher, dass wir nicht Aussagen machen würden, die wir bald bereuen würden.
Arnold Schwarzenegger ist der neue Gouverneur von Kalifornien. Denkst Du das ist ein Spiegelbild er Gesellschaft. Können die Leute wirklich Veränderungen erwarten?
Oh ja. Als es passiert ist, habe ich einen totalen Schreck bekommen. Ich glaube das hat bewiesen, dass Bush eine reelle Chance hat wieder gewählt zu werden. Ich weiß nicht, ich hoffe die Leute lernen von den Dingen, die auf der Welt passieren. Bushs Umfragewerte fallen. Ich glaub Arnolds Wahlsieg rührt daher, dass die Bevölkerung in Kalifornien mal nach etwas anderem gesucht hat. Ob das aber wirklich die beste Entscheidung war, kann ich nicht sagen, das wird sich noch zeigen.
Ihr kommt aus Pittsburgh. Hat es da Vor- oder auch Nachteile nicht wirklich zur Ost- noch zur Westcoastszene zu gehören?
Für uns ist es von Vorteil aus Pittsburgh zu kommen, weil die verschiedenen Städte nah beieinander liegen. Als wir jung waren, konnten wir übers Wochenende da und dort auftreten. Ein Auftritt nach dem anderen, an 4 oder 5 verschiedenen Orten zu spielen. Und wir konnten dort bekannter werden, bevor wir in andere Gegenden weiter zogen. Das war wirklich gut. Ich glaub es gibt Vorteile für die Ost- wie für die Westküste, aber für uns ist die Ostküste der bessere Ort zum leben.
In einem anderen Interview hast du mal gesagt, dass die Pittsburgher Punkrockszene eine große Gemeinschaft ist. Hat sich das mit dem Krieg verändert? Wurde die Szene geteilt in patriotisch und unpatriotisch? Gab es Auseinandersetzungen?
Ab und zu ja, man trifft schon mal drauf. Aber ich glaube wir Pittsburgher, die schon mit Einigem fertig werden mussten, haben eine wertvolle Ethik, die immer vorhanden ist. Und ich glaube dadurch, dass Pittsburgh eben kein besonders reiches Gebiet ist, erkennen Leute was sie haben und dass sie dafür kämpfen müssen. Das behalten sie immer im Hinterkopf. Durch den Krieg hat sich da nicht viel geändert. Ich habe eine Menge Maßnahmen gegen den Krieg gesehen, die von der Punkszene ausgingen, was ich wirklich toll fand.
Beim ganzen politischen Anspruch der Band. Was macht Ihr, um auch mal Spaß zu haben?
(lacht) Dafür spielen wir in einer Band! (lacht) So erstaunlich es auch sein mag, wir sind keine politischen Roboter, die keinen Spaß haben. Der Grund warum wir Punkrock machen und der, dass wir die Musik als Mittel nehmen um unsere Botschaft zu verbreiten. Wenn du Dir die ganze Zeit Sorgen wegen deiner Inhalte machst und versuchst, nur diese Lebensart zu leben, würdest du verrückt werden. Man braucht dieses Power bei der Show und die Freisetzung der Energie. Es ist ein totales Herauslassen. Man kann sagen: „Ja, wir verstehen, dass es all diese Probleme auf der Welt gibt. Aber für heute Nacht lasst uns einfach singen und tanzen und lasst uns zusammen unser Leben genießen und lasst uns danach die geschaffene Energie nutzen um Veränderungen herbeizuführen.“
Gibt es Bands zu denen ihr als Kinder aufgesehen habt, oder Euch beeinflussten?
Klar. Bands wie The Clash, die Dead Kennedys, Billy Bragg und Woody Guthrie. Einfach Menschen, die es schafften, eine Sozialbewusste Botschaft zu haben und trotzdem Erfolg zu haben und andere zu beeinflussen. Das ist auch alles was wir hoffen.
Wo ist der „Equality-Song“ und „Seattle was a riot“ erschienen?
„Seattle was a riot“ erschien bei einem Fat Wreck-Sampler und der „Equality-Song“, da hab ich keine Ahnung wann der erschien. Das war nur ein Song den wir während einer New Army-Session aufgenommen haben, aber nie fertig stellten und irgendwie wurde er dann veröffentlicht. Ich glaub wir haben es irgendwo bei AF raus gebracht.
Letzte Worte?
Ich glaub wir werden in Kürze nach Berlin kommen und wir werden euch rocken wie ein Hurrikan. Macht was, bringt Euch in die Politik ein. Schreibt Leuten Briefe. Ich glaub das Deutschland es wirklich auf die Reihe gekriegt hat, was das aus der Reihe tanzen und die Verweigerung gegenüber George Bush und seinem Krieg angeht. Ich finde das verblüffend und ich glaube das ist auf wirklich fortschrittliches Denken zurückzuführen. Ein Danke an alle, die die Antikriegsbewegung unterstützten, wir sind uns Eurer Arbeit bewusst.