Dirk Buck

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Wer das Buch „Teenage Wasteland“ von Dirk Buck gelesen hat, weiß, dass es nicht nur ein paar Buchstaben auf Papier sind, die man sich zum Zeitvertreib auf dem Klo hineinsaugen kann.
Dieses Buch ist viel mehr. Es ist eine Autobiographie, in welcher der Autor uns die tiefsten, schönsten, peinlichsten und spannendsten Erlebnisse aus seinem Leben berichtet. Es geht um Punkrock, Sex, Liebe, Selbstfindung und die anderen alltäglichen Probleme, mit denen man zu kämpfen hat. Der Leser kann Buck´s Leben von seiner Geburt bis zur Gegenwart hin nachlesen und in der Zeit passierte wirklich eine Menge.

Das Buch wurde mir von Mieschka in die Hand gedrückt und vom ersten Satz an konnte ich nicht mehr aufhören es zu lesen. Mich hat seine Lebensgeschichte begeistert und auch die Tatsache, dass ich mich (und auch sicher viele, viele andere Leser) mit seiner Person irgendwie identifizieren konnte.
Ich beschloss also mich mit dem sehr netten Herren (der 20 Jahre älter ist als ich) zu treffen und ihm ein paar Fragen zu stellen. Nach den anfänglichen Nervositätsproblemen (es ist mein allerallerallererstes Interview) waren alle Verkrampfungen gelöst und wir hatten ein sehr nettes und witziges Gespräch. Es ist ein klasse Interview geworden, in dem es um Punkrock, Sex, Liebe und die anderen alltäglichen Probleme geht... Warum tragen Musiker, die nach Noten spielen, beim Sex Gummistiefel?

Ich habe ja erfahren, dass Du jetzt nicht mehr in Berlin lebst. Wie kommt das? Wo wohnst Du jetzt? Was führt Dich noch hierher?
Ich hatte keine Lust mehr auf Berlin. Ich habe 10 Jahre in Berlin gewohnt und das reicht. Erst einmal ist es nicht mehr die selbe Stadt, die es früher mal war und selbst die Amis sagen mittlerweile „It´s a typical, fucking, boring German town.“, und das stimmt. Berlin hat nicht mehr viel Besonderes, es gleicht sich immer mehr anderen deutschen Städten an und der Flair ist einfach verloren gegangen. Ich komme ja aus dem Ruhrgebiet und da bin ich jetzt auch wieder hingezogen, weil ich einfach keinen Bock mehr hatte. Ruhrgebiet und Berlin sind sich in vielen Punkten recht ähnlich, auch von der Mentalität her. Ich habe natürlich noch viele Freunde in Berlin und die besuche ich natürlich.

Und was macht die Liebe?
Oh mein Gott. Liebe. Oh Gott, das ist ein heikles Thema, auch schon immer gewesen, wie man in dem Buch ja auch deutlich erkennen kann. Es hat sich auch nicht viel geändert, also ich kämpfe immer noch mit der Liebe. Das ist mein Schwierigstes Thema überhaupt.

Könntest Du Dir vorstellen eigene Kinder zu haben?
Vielleicht ist es mir nicht gegeben eigene Kinder zu haben, ich weiß es nicht. Es sieht nicht so aus...

Hast Du eigentlich noch alle Tatoos?
Die sind nicht abgegangen.

Man kann sie ja entfernen lassen...
Bist du irre? Das coole ist, ich bereue nichts, was ich in meinem Leben gemacht habe. Es war natürlich nicht alles richtig, vieles war natürlich auch falsch und es tut mir leid, wenn ich andere Leute verletzt habe, aber bereuen tu ich es nicht. Es war einfach wichtig all diese Sachen zu machen um sich weiter zu entwickeln. Das ist leben ist einfach so und Lernen ist auch Schmerz. Vielleicht leider, aber es ist nun mal so. Und seit Ende des Buches sind noch Tatoos hinzu gekommen.

Die sieht man jetzt aber nicht.
Nein, weil Hals- und Handtatoos sind total assig. Das sagt Dir auch jeder nicht-assige Tatoowierer.

Und hast Du grad einen Job?
Ja, ich schreibe. Für Punkrockmagazine, Bücher.. Ich bin ja schon seit 14 Jahren nicht mehr angestellt und mach mein eigens Ding und das geht ganz gut. Ich habe auch keine hohen Ansprüche. Alles das, was ich machen möchte, kann ich immer machen.

Für Dich hat ja Musik in Deinem Leben eine große Rolle gespielt. Dann ´99 hast Du Dich ja von Musikgeschäft verabschiedet. Wie stehst Du denn jetzt zur Musik?
Ich gehe jetzt wieder zu Konzerten, nachdem ich ein paar Jahre lang echt die Schnauze voll hatte. Weil wenn du aus deinem Hobby auch deinen Beruf machst, dann ist man sehr schnell davon genervt. Das ist nicht unproblematisch. Ein paar Jahre hatte ich überhaupt keinen Bock und bin nicht mehr zu Konzerten gegangen, aber das kommt jetzt wieder. Zu vielen jüngeren Punkbands, obwohl die jetzt auch schon 30 sind, kann man eigentlich nicht hingehen, weil die ganzen Kinder da sind! Ich meine, Kinder sind ja ok, aber Kinder können sich heutzutage nicht benehmen!
Ich kenn das auch, wenn die Asselpunks in der ersten Reihe stehen und einem fast die Birne einkloppen..
That´s what I mean. Und nach 5 Minuten möchte ich dem eine aufs Maul hauen..
Du musst dann halt zu älteren Punkbands gehen. Zum Beispiel IGGY POP. IGGY POP, als er mit den STOOGES in Berlin gespielt hatte war das geilste Konzert ever.
Ich konnte nicht, ich musste arbeiten..
Nein, das ist kein Argument! Da muss man tot sein oder sich frei nehmen, aber man musste da hin gehen!

Es gab da Bands, wie die ROLLING STONES, die Du damals echt klasse fandest. Du hast sie ja schon im Buch als „alte Knacker“ bezeichnet. Es gibt sie ja immer noch. hörst Du sie noch? Warst Du noch mal auf einem Konzert?
Ja und es war geil. Aber nicht so geil wie früher. Das Drama des Alters ist, dass man ein wenig seine Begeisterungsfähigkeit verliert und das ist schade. Die Situationen, die das erste Mal sind, werden immer weniger, weil man einfach so viel gemacht hat. Also nutz es aus, sage ich Dir!
Immer wenn Du irgendwas zum ersten Mal machst, genieße es, weil es wird nicht wieder so sein, wie beim ersten Mal. Und je älter Du wirst, desto weniger Erste-Mal-Gelegenheiten gibt es. Das ist schade, weil man dadurch ein wenig Energie und auch Leidenschaft verliert.
Du kannst natürlich weiter leidenschaftlich sein, wenn Du Alkoholiker bist, Drogen nimmst und Dich vollaufen lässt. Dann bewarst Du Deine Leidenschaft im gewissen Sinne, aber es bringt nichts, weil Du Dich nicht mehr erinnern kannst am nächsten Tag.
Genieß Dein Leben.

Könntest Du Dir vorstellen noch mal in einer Band zu spielen?
Professionell hätte ich keine Lust mehr dazu, weil ich keine Lust habe die Energie da rein zu stecken. Weil wenn Du was machen und was erreichen willst und gut sein willst, musst Du echt viel an Zeit, Kraft und Energie rein stecken. Und da sind mir mittlerweile andere Sachen wichtiger. Aber zum Spaß mach ich das ab und zu noch mal. Dann jamme ich mit andern Leuten und spiele Schlagzeug.

Hey, ich spiel auch Schlagzeug! Ich hab aber nie richtig professionellen Unterricht nach Noten gehabt.
NOTEN??? Schlagzeug nach Noten? Das sind doch alles komplette Vollidioten! Wer Schlagzeug nach Noten lernt, der geht auch mit Gummistiefeln ins Bett und hat Sex mit Omas. Geht kacken. Es gibt zwei Sorten von Musikern. Es gibt Musiker, die können es einfach und die haben Talent und die sind inspiriert. Egal ob Klassik, Hardrock oder was auch immer.. Und dann gibt es Musiker, die könne nur nach Noten spielen. Und das sind für mich keine Musiker, das sind Techniker. Aber das hat nichts mit dem Geist der Musik, Inspiration und Kreativität zu tun. Die könnten auch bei Opel am Fließband stehen, das wäre dasselbe. Nichts gegen Opel am Fließband, die machen ihren Job, aber das hat mit Musiker, Kreativität und Intensität nichts zu tun. Gar nichts!

Und wenn man erstmal mit Noten anfängt zu lernen?
Auch nicht, wenn man so anfängt. Ich mein, die Musiker oder die Bands, die wirklich Musikgeschichte geschrieben haben, also Stones oder Beatles. die können keine Noten! Und wenn sie Noten gekonnt hätten, wäre das nicht so gut geworden. Ich mein es ist ja OK, wenn man Noten kann und nach spielt, aber NUR.. Und es gibt Leute, die können nur nach Noten spielen. Auch ganz viele Klassiker.. Die brauchen ihre Noren, .sonst kriegen die keinen Ton raus. Das sind totale Loser.
Mein erstes Schlagzeug bestand übrigens aus diesen runden DASCH- Eimern und Plastikpapierkörben und Töpfen. Ach ja, als wir angefangen haben Musik zu machen war das sensationell! Ich meine, das hat ja kaum einer gemacht, damals. Ich glaube auch den Kids heutzutage fällt das alles zu leicht. Ich glaube die bekommen alles, ohne dass sie viel dafür tun müssen. Unsere Eltern haben uns gehasst, weil wir in einer Band gespielt haben. Die haben uns auch keine Instrumente gekauft oder Proberäume bezahlt. Die waren voll dagegen, das war für die echt schon Anarchie.

Du beschreibst am Ende des Buches, dass Du Deine Eltern noch mal besuchen warst und das es ein recht positives Treffen war. Konntest du das wiederholen?
Ja, meine Eltern sind überraschend nett und das schon seit Monaten. Wahrscheinlich sind sie ausgetauscht worden. Im Moment finde ich es wirklich gruselig, weil sie so nett sind.
Body Snatcher.

Body Snatcher?
Ja, das ist so ein Film. Maden aus dem Weltall fressen das Gehirn der Leute und ergreifen dann Besitz von ihnen…

Ha, Du hast Dir einen koffeinfreien Kaffe bestellt... Im Buch schreibst Du auch, dass Du dir versprochen hast, keine Drogen mehr zu nehmen und sowieso mehr auf Deinen Körper zu hören.. Konntest du das so einhalten?
Ja klar, keine Drogen, kein Sex, keine Tiere...
Ne, ich mag überhaupt kein Kaffe, Das einzige, was ich an warmen Getränken runterwürgen kann ist koffeinfreier Milchkaffe. Aber sonst nehme ich keine Drogen mehr.

Und Alkohol?
Ja, aber ich habe noch nie viel getrunken und es hat mir auch nie großartig geschmeckt. Ein Bier ab und zu ist ok, aber sonst ist das nicht mein Ding.

Du warst doch mal so betrunken und Dein Vater hat Dich dann in dem Zustand gesehen... Meine Eltern nehmen mir so was immer übel..
Ach meine waren total happy, dass ich nur Alkohol getrunken habe und nicht irgendetwas Schlimmeres getan hatte! Du solltest nicht so viel trinken. ;-) Richtige Punks sind auch nur die, die total vegetarisch leben. Nicht trinken und einen Job haben (am besten einen Bürojob). Das sind richtige Hardcore-Punks. Übrigens durfte man früher auch noch Nazipunk sein, ohne dass man auf´s Maul bekommen hat, weil es damals noch Provokation war.. Heute ist das ja eher nicht mehr so.

Du hattest ja erst relativ spät Deinen ersten Sex.. Davor musstest Du von der Schule aus Geld für die Kriegsopferfürsorge sammeln und Du hattest ja auch ne Menge zusammenbekommen. Als ich das so las, dachte ich mir: „ Oh, er geht jetzt bestimmt in ´nen Puff und lässt sich entjungfern“.. Würde so was für Dich in Frage kommen?
Nein, eigentlich bin ich ein Romantiker, was natürlich einige Leute abstreiten würden. Aber für Sex bezahlen.. Ich muss die Frau mögen. Ich hab zwar viele Dummheiten gemacht, aber das hat ja auch nichts mit Dummheit zu tun. Wahrscheinlich würde ich mich danach von der Brücke stürzen ;-) Es gibt ja bestimmte Sachen, die kann ich nicht machen und die will ich auch nicht machen. Gegen Geld mit jemandem schlafen...nein. Es sei denn, sie bezahlt mich, dann wär das OK...

Bereust Du eigentlich bestimmte Dinge, die Du in dem Buch geschrieben hast?
Ne, bereuen nicht, aber manche Sachen finde ich total lustig, wo ich denke „Oh mein Gott“, manche Sachen sind auch ein wenig peinlich, aber es ist OK. Also so war es eben und ich habe mich entschlossen das zu schreiben. Ich würde heute manches vielleicht anders schreiben.

Warum schreibst Du in dem Buch eigentlich so wenig über Deine Schwester?
Über meine Schwester gibt es auch nicht so viel zu erzählen.. Die hat sich immer benachteiligt gefühlt und ist mir wahrscheinlich deswegen permanent in den Rücken gefallen und hat mich verpetzt. Das schafft kein gutes Klima unter Geschwistern. Ich habe natürlich auch immer alles gemacht, was ich nicht machen sollte und wurde dann immer von meiner Schwester in die Pfanne gehauen. Deswegen war ich dann auch nie gut auf sie zu sprechen.

Könntest Du Dir vorstellen das Buch verfilmen zu lassen?
Ja, das ist auch mein Plan.. Ab und zu rufen mich auch Leute an und wollen mich als Berater zum verfilmen! Gut, den Schluss muss man nicht unbedingt verfilmen, aber ein Großteil ist einfach perfekt dafür geeignet, finde ich. Wenn ich auch sehe, was so alles unter dem Thema Jugendverfilmung ins Kino oder ins Fernsehen kommt.. Ein paar Sachen sind echt gut, zum Beispiel „Verschwende deine Jugend“. Das war eigentlich ganz gut gemacht. Aber vieles ist einfach kompletter Scheißdreck. Als wenn sich irgendwelche 50 jährigen vorstellen, wie das damals war, so sieht es dann auch aus. Also das ist kompletter Scheiß!

Dann nimm das ganze doch selbst in die Hand!
Weißt Du wie viel das kostet so was zu verfilmen? Außerdem brauchst Du Profis dafür. Als Berater würde ich mich dafür auch zur Verfügung stellen. Ich habe auch mal bei ein paar Fernsehfirmen vorgesprochen und zwei waren dann auch sehr angetan und meinten, das wäre ein Kinoprojekt, weil allein schon durch die ganzen Konzerte würde es das Budget sprengen. Es müsste halt für das Kino verfilmt werden. Ich habe da auch super nette Briefe von denen bekommen, aber ich habe mich nicht großartig drum gekümmert. Ich habe auch im Gegensatz zum Fernsehen keine Kontakte zum Kino. Und heutzutage brauch man einfach Kontakte, sonst landet das immer in der Poststelle beim Azubi und der schmeißt es dann direkt in den Papierkorb. Also ohne Kontakte läuft da überhaupt nichts.

Warst Du noch mal in den USA?
Das letzte Mal im Jahr 2000. seit Bush Präsident ist, weigere ich mich dieses Land zu betreten.

Bush oder Kerry?
Kerry, er ist das kleinere Übel.

Autor: josie