Kapitualtion B.o.N.n.

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KAPITULATION B.o.N.n. Wem ist diese Band nicht schon mal auf dem steinigen Weg seines Punkrockerdaseins begegnet? Deutschpunk - für viele ein Schimpfwort - oder dann doch besser Punkrock mit deutschen Texten? Wie dem auch sei. Nach 7 Jahren (!) haben sie es endlich mal wieder geschafft, mit „Helden“ eine komplett neue Platte zu veröffentlichen. Da fällt mir doch WIZO ein, die diesen „Erfolg“ bisher noch nicht verbuchen konnten. Ich bin ja jetzt schon mal gespannt. Höhö. Aber egal. Es geht ja hier um KapBonn. Was soll ich sagen? Auch diese Platte strotzt wieder einmal vor Power und durchdachten Texten. Garniert mit dem eindrucksvollen, charismatischen Gesang. Ja, und das beweist mir wieder einmal, daß sie zu den „Guten“ des Punkrocks zählen. Wo doch teilweise in den letzten Jahren meine armen Ohren schon arg viel Durchschnitt haben ertragen müssen.
Hat sich also nichts geändert bei ihnen. Oder doch? Lest selbst

1. Morgen Olli. Nach ewigen Zeiten habt Ihr eine neue Platte veröffentlicht. Und eine neue Platte zu veröffentlichen heißt ja immer auch ein bisschen Promo zu machen und Interviews zu geben. Daher erzähl doch mal etwas darüber. Was Dir gerade so einfällt. Und warum hat das eigentlich so lange gedauert?

Das es mit dem Album so lange gedauert hat, hat mehrere Gründe. Lange Zeit fehlte einfach brauchbares Songmaterial. Ich hatte zwar immer einige musikalische Ideen, konnte aber irgendwie keine Texte zusammenbringen. Dann war unser früherer Gitarrist Guy irgendwann buchstäblich "verschwunden". Er tauchte einfach nicht mehr auf, bis wir irgendwie um drei Ecken erfuhren, dass er beschlossen hatte, die Gitarre an den Nagel zu hängen. Außerdem kam es irgendwie ganz komisch und wir sind allesamt innerhalb kürzester Zeit Papas geworden. Mehr oder weniger gewollt, mehr oder weniger erfolgreich. Wir haben zwar in den letzten Jahren nie wirklich aufgehört, zusammen zu spielen, hatten aber zwischendurch auch ein oder zwei Momente, wo wir wirklich kurz davor waren, die Sache hinzuschmeißen. Wir fünf sind, glaube ich, recht komplizierte Charaktere und Zoff gab es innerhalb der Band schon immer reichlich. Während der letzten zwei Jahre wurde das aber phasenweise recht extrem, auch weil wir uns einfach nicht mehr so regelmäßig sahen und dadurch eine Menge Dinge wohl lange unausgesprochen blieb. Letztes Jahr haben wir uns dann zusammengesetzt und überlegt, ob wir den ganzen Scheiß nicht einfach lassen sollen. Wir stellten aber fest, dass uns die Band letztlich doch allen zu wichtig war, um einfach hinzuschmeißen. Wir haben uns dann zwei Stunden lang ausgekotzt und seitdem läuft es tatsächlich entspannter. Zum Teil liegt das wohl auch an unserem neuen Gitarristen Basti. Erstens ist der ein sehr ausgleichender Typ und zweitens scheint es wirklich so zu sein, dass sich irgendwie alle versuchen zu "benehmen", wenn ein Neuer dazu kommt. Du kannst ja schließlich einen neuen Mitspieler nicht empfangen, indem du sagst:" Oh, wir haben gerade eine verdammt miese Zeit, kotzen uns an und überlegen, ob wir nicht aufhören sollten!" Das tut sich ja nun keiner freiwillig an!
Zum neuen Album: Die Aufnahmen dazu sind ja nun schon wieder fast ein Jahr her. Das heißt für uns ist das schon fast wieder alt. Wir haben für "Helden" zum ersten Mal das ganze Paket fertig gemacht, bevor wir uns an Labels gewendet haben. Aufnahmen, Titel, Cover - Alles! Dadurch mussten wir keinerlei Kompromisse eingehen, und "Helden" ist so vielleicht das erste Album, das "Kapitulation B.o.N.n." in voller Bandbreite zeigt. Ich muss aber auch zugeben, dass es dafür noch andere Gründe gibt. Wir waren schon immer vor allem als Polit-Band bekannt. Und das lag sicherlich nicht nur an unserem früheren Label. Ich hatte immer das Gefühl, dass wir auf diesem Polit-Gebiet eigentlich immer etwas zustande bringen konnten, was gut war. Sobald wir uns jedoch auf einem anderen textlichen Gebiet versuchten, fand ich das, was dabei herauskam bestenfalls Durchschnitt. Bei den neuen Songs hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, auch persönlichere Sachen machen zu können, die ich selbst gut genug für ein Album hielt. Ich meine Nummern wie "Wüstensohn", "Gegen den Wind", oder auch "Herz", was sich zwar nicht so anhört, was aber 100% Tagebuch ist.

2. Ich sag mal, die Szene ist ja mittlerweile ziemlich klar strukturiert. Da gibt es die relevanten Fanzines und sonstige Medien, und wenn man sich einen Namen gemacht hat, schickt es sich hier und dort eben manchmal, Anzeigen zu veröffentlichen...
Ich habe erst gar nicht mitbekommen, daß Ihr eine neue Platte draußen habt. Keine Veröffentlichungen auf (Fanzine)Samplerbeiträgen, keine Interviews... Habt Ihr sonst mit der "Szene" nicht mehr so viel am Hut?

Wir haben das neue Album ja, wie gesagt, zunächst einmal in Eigenregie produziert. Die ganze Geschichte kommt also erst so nach und nach eigentlich in Gang. Mittlerweile haben wir schon im Ein- oder Anderen Zine Anzeigen geschaltet und auch die einschlägigen Mailorder haben die Scheibe mittlerweile gelistet. Ganz allgemein haben wir uns selbst jedoch nie so sehr als szenespezifische Band betrachtet, oder in diesen Kategorien gedacht. Natürlich bewegen wir uns, gerade was Auftritte betrifft, meistens innerhalb von etwas, das sich selbst größtenteils vermutlich als "Deutschpunk-Szene", oder was auch immer sieht. Ich persönlich finde diesen Szenebegriff eher etwas problematisch, wobei es jetzt auf diesem schriftlichen Weg wahrscheinlich schlecht möglich ist, das genauer zu erklären. Natürlich sind im Verlauf der 15 Jahre, die wir jetzt als "Kapitulation B.o.N.n." durch die Gegend ziehen, bleibende Kontakte und auch Freundschaften entstanden. Zu anderen Bands, zu Leuten, die Konzerte machen usw... Nur empfinden wir diese Kontakte nicht als solche zu "Szenevertretern", sondern das sind einfach persönliche Ebenen. Zumindest empfinde ich das so. Es ist auch absolut ein geiles Gefühl auf Konzerte zu fahren und dort eine Menge Leute zu treffen, mit denen du Ansichten, Vorlieben etc. teilen kannst. Auf jeden Fall. Und genauso ist klar, dass so etwas nicht möglich wäre, wenn sich nicht über Jahre hinweg eine funktionierende "Infra-Struktur" entwickelt hätte, die sich selbst aufrechterhält. Das ist keine Frage, und davon profitieren wir natürlich auch. Aber gerade unter den Leuten, die sich selbst als sehr "szeneprägend" oder "szenevertretend" empfinden, gibt es leider auch eine ganze Menge Typen, die dafür sorgen, dass dieser Begriff sehr einengend und reglementierend wirken kann. Und das kann einem das Ganze wiederum ziemlich verleiden.

3. "Die Welt braucht Helden...". Das klingt irgendwie nach ´nem Bundeswehr-Werbespot. Und auch ein bisschen Utopisch. Habt Ihr die Hoffnung noch nicht verloren?

Das ganze ist auch ein gutes Stück weit ironisch gemeint. "Helden" ist ja ein Begriff, der automatisch ein gewisses Pathos vermittelt. Wir sind aber allesamt sicher keine besonders pathetischen Gestalten und genau deswegen haben wir vermutlich kein Problem damit, so einen Begriff zu verwenden. Ich glaube nicht an die "große Revolution" oder so etwas. Wir sind jetzt alle so um die dreißig. Ich denke, in diesem Alter hast du irgendwo deine Wertvorstellungen zusammengebaut und hast einigermaßen herausgefunden, was sich für dich dabei als bleibend herausgestellt hat (Hä hä, Altersweisheit, you know!) Ich finde, worum es dann geht, ist einfach ein Leben zu führen, dass du selbst für dich respektieren kannst. Dabei genieße ich es z.B. über unsere Musik die Möglichkeit zu haben, mich zu Dingen zu äußern, die mir im Kopf rum gehen. Und was für einen Grund sollte es denn geben, die Klappe zu halten? Das hielte ich in der Tat für dumm. Ich bin aber kein Mitglied von irgendeiner politischen Organisation, Gruppe etc., habe auch nicht vor, so etwas zu werden. Solche Dinge sind natürlich notwendig, um überhaupt politisch aktiv arbeiten zu können und insofern kannst du mir vorwerfen, dass ich es mir sehr sehr einfach mache. Sowohl als Band, wie auch als Privatpersonen engagieren wir uns allerdings schon immer wieder auch punktuell für bestimmte Projekte. Mit Organisationen habe ich aber in der Regel das Problem, dass sie meistens eine komplette Philosophie und einen geschlossenen Moral-Katalog vertreten.

4. Jemand von Euch wohnt ja auch, so habe ich gehört, in Berlin. Ist es da nicht auch ein wenig schwierig von wegen Proben und so...?
Ja, das war nicht ganz einfach. Man muss sich umstellen. Früher haben wir ziemlich regelmäßig geprobt, so alle 10-14 Tage. Heute schaffen wir es vielleicht alle drei Monate mal ein Wochenende alle zusammen im Proberaum zu sitzen. Dafür kannst du aber heute mit "Elektronischer Post" immer Ideen hin und her schicken usw … Außerdem finde ich es erstaunlich, dass man irgendwann feststellt, wenn man zehn Jahre mit diesen Typen zusammenspielt, dann geht das mit dem Proben von neuen Sachen viel schneller. Man kennt das Gespiele der anderen in- und auswendig und kann auch neue Songs darauf auslegen. Wenn Rainer heute einen neuen Song trommelt, dann weiß ich vorher schon genau, was er an welcher Stelle tun wird und kann darauf reagieren. Das ist schon sehr seltsam. Mittlerweile haben wir uns auf jeden Fall daran gewöhnt.
Am Anfang fand ich das blöde, dass man nicht mehr regelmäßig probt, weil ich auch dachte, dass eine Band keine wirkliche Band ist, wenn sie das nicht tut.
Aber das geht schon in Ordnung so.

5. Aha. Und jetzt, wo er in Berlin wohnt und der Regierungssitz nach Berlin verlegt worden ist.... Mal überlegt, Euch in Kapitulation B.e.R.l.I.n. umzubenennen?

Ja, das läge eigentlich nahe. Aber da mit unserem B.o.N.n. nicht der frühere Regierungssitz gemeint ist, ist es auch nicht wirklich nötig. Wir haben allerdings so ein Spaß-Projekt, bei dem wir neben der Band immer mal wieder irgendwelche (manchmal extrem bescheuerten) Dinge tun, und wo dann auch häufig noch andere Leute mitspielen. Sehr spontan halt. Diese Geschichten laufen dann immer unter dem Namen "Umzug nach B.e.R.l.i.N.". So haben wir irgendwann bei einem Festival unsere eigenen Songs als Ska-Versionen gespielt, oder wir tauchten unverhofft als "Akustisches Quartett" auf einer Grillhütte auf. Solches Zeug halt.

6. Mir ist aufgefallen, daß Ihr für Eure Alben und auch für Eure Songs immer recht plakative Titel wählt. Wollt Ihr es dem Zuhörer so einfach wie möglich machen, mit Euren Songs etwas anzufangen?

Das mit den kurzen Namen ist viel weniger Programm als du denkst. Ich habe selbst lange Zeit nie wirklich darüber nachgedacht, bis mir auffiel, dass wirklich ganz viele unserer Nummern Ein-Wort Titel haben. Bei den Album Titeln ist das vielleicht ein Stück weit anders. Wir hatten "Feuer" und "Blut" gemacht. Danach hätte das nächste Album ja eigentlich "Wasser" oder "Luft" heißen müssen! (Ist natürlich Bullshit!) Wir hatten aber, als wir über den Titel für unser neues Album nachdachten, auch die Idee gehabt, dem Ding einen richtig langen Namen zu verpassen. Wir haben\'s dann letztlich doch gelassen, was aber mehr so ein interner Spaß ist, ohne große Bedeutung.

7. Dafür geht es in den Songs dann doch eher ins Eingemachte. Ihr setzt Euch ziemlich intensiv in Euren Songs mit den Themen auseinander. Was macht Ihr beruflich? Seid Ihr Professoren oder so?

Nee, das nun wirklich nicht. Ich persönlich arbeite mit geistig- und seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen, zwei von uns sind Rettungssanitäter- also sehr "wissenschaftlich" ist das alles nicht. Definitiv hat es keiner von uns zum Professor gebracht. Schade eigentlich, ist bestimmt kein schlechter Job! Die Songtexte sind uns aber schon sehr wichtig, und es stimmt dass ich an den Texten eigentlich immer wesentlich länger herumdoktere als an der Musik.

Die schreibt sich oft eher von selbst. Allerdings steckt in etlichen Texten weniger Zusammenhang, als da hineininterpretiert wird. Wir haben vor Jahren z.B. ein Stück mit dem Namen "Sonderzug" für so ein Anti-Castor Projekt gemacht. In dem Text gibt es aber vielleicht zwei bis drei Zeilen, die sich wirklich auf dieses Thema beziehen und die auch wirklich daraufhin geschrieben wurden. Alles andere könnte genauso gut sonst was bedeuten. "Kartell der Kassierer" ist auch so eine Nummer. Eigentlich einfach nur eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Bildern, die nur durch die Refrain-Zeilen scheinbar einen übergeordneten Sinn ergeben.
Das trifft natürlich nicht auf alle Songs zu. Und gerade bei den politischen Sachen haben wir schon das Ziel, etwas tiefer in die Sache reinzugehen, ohne dabei völlig die Prägnanz zu verlieren, oder sich in Geschwafel zu verlieren.

8. Wo wir schon mal beim Thema Songs sind… Bevor ich es vergesse… Ihr habt da mal die Single rausgebracht. "Am Fenster". Eine Coverversion von CITY, also einer Ostband. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, die zu machen? Und wer hat die Geige gespielt? Mr. Gogow persönlich?

In Wetzlar, in der Gegend, wo wir ursprünglich herkommen, gab es so einen Laden, wo wir als Kids öfters hingingen und immer montags abends lief dann früher oder später dieser Song. Daher kannten wir "Am Fenster" eigentlich ursprünglich. Das Original ist ja so ein typisches Siebzigerjahre-Ding mit ausgedehnten instrumentalen Parts. Wir haben es dann für unsere Zwecke ein wenig gestrafft und weitgehend auf das Wesentliche reduziert. Die Geige hat ein Kumpel gespielt, der Ingmar heißt, und der heute in Hamburg auf der Schanze lebt.

9. Vorher hattet Ihr ja Eure Platten noch in Zusammenarbeit mit A.M. Music herausgebracht. Gab es da auch (Abrechnungs-)Probleme, wie man so oft auch von anderen Bands hört, die dort gewesen sind?

Abrechnungsprobleme hatten wir mit A.M. eigentlich nie, was in dieser Szene aber komischerweise recht ungewöhnlich ist. Denn es ist ganz häufig so, dass man sich einigermaßen blöde anmachen lassen muss und hingehalten wird, wenn man erwartet, dass einem das Geld, das man zugesichert bekommt auch tatsächlich überreicht wird. Und es geht ja hier nicht um große Summen. Das läuft dann häufig auf so einer, wie ich finde, ziemlich miesen Tour, so von wegen: "Du bist doch auch Punkrocker, und wir haben doch selber nichts, das kannst du doch wohl jetzt nicht bringen!" Ich habe aber noch nie etwas davon gehört, dass Punk bedeutet, sich verarschen zu lassen.

10. So kommen wir langsam zum Schluß. Wie siehts denn mit Tourplänen zur neuen Platte aus? Wann verschlägts Euch nach Berlin oder ins Umland davon ?

Mit Tourplänen ist es genau wie mit den Proben. Das ist schon etwas schwer zusammen zu bringen. Wir wollen und werden auf jeden Fall Live spielen. Fix ist bis jetzt allerdings nur ein Wochenende in der Schweiz, Mitte September. Einiges andere ist im Gespräch, es gibt aber noch keine konkreten Termine.

11. Noch ein paar letzte Worte an unsere Leser?

Kapitulation B.o.N.n. kaufen!