The Shocks

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UiUiUi. Jetzt muss ich aufpassen, daß meine Einleitung nicht länger ist, als das gesamte folgende Interview. Beziehungsweise ausführlicher… Warum? Das werdet Ihr, falls Ihr weiter lest, vielleicht im Verlauf des Interviews noch mitkriegen. Dieses war nämlich keine leichte Geburt.
Ich habe ja nun schon einige Interviews geführt. Dieses hier war aber jedoch mit Abstand das Schwierigste. Meistens sind die Bands oder was auch immer, ja mehr oder weniger gewillt, Interviewfragen zu beantworten. Sei es aus Geschmeicheltheit, Selbstdarstellungstrieb, Professionalität oder alles zusammen. Den SHOCKS aus Berlin kann man davon jedenfalls nichts vorwerfen. Fakt ist, daß sie mit „Bored to be in zero 3“ für mich das Album des Jahres 2003 abgeliefert haben und ich sowieso schon ein Interview mit ihnen machen wollte. Ende letzten Jahres kam mir Bassist DON LOTZO dann aber zuvor und fragte mich, ob ich nicht was zu ihrer Split-EP mit den SHAKIN NASTIES machen wolle. Na prima. Dann hat das ja für beide Seiten was. Habe ich mir gedacht.

Wie auch sonst üblich bei den SHOCKS (man denke an die Split-EP mit den BRIEFS die nun schon seit über einem Jahr angekündigt wurde und erst jetzt endlich erscheint) hat es aber eine ganze Weile gedauert bis wir unser Vorhaben in die Tat umsetzen konnten.
Eines schönen Abends im April war es aber nun doch soweit und wir trafen vor einer kleinen Kneipe im Prenzlauer Berg, wo auch 2 Bandmitglieder ihr Domizil haben, holten uns ein paar Bierchen und spielten ein Frage-Antwort-Spiel. Soweit so gut. In den folgenden knappen 2 Stunden stieß ich mit meinen Fragen aber mal auf Schweigen, „dumme Kommentare“ und manchmal auch auf direkte Antworten. Die SHOCKS geben nicht so oft Interviews. Zumindest ist mir keines bei meiner Recherche im Netz in die Augen gefallen. Und das merkte man den Jungs auch an. Teilweise musste ich ihnen echt alles aus der Nase ziehen und das bin ich, wie gesagt, gar nicht mehr gewohnt.
Andererseits hatte das alles auch wieder was Sympathisches, mal wieder eine Band vor´m Mikrophon zu haben, die sich auf das besinnt, was sie am liebsten machen. Nämlich Musik. Und um zu sagen, was man will, braucht man eben nicht unbedingt Interviews. Sie machen aus ihrem Ding kein großes Gewese & sind dabei in jeder Hinsicht ehrlich. Ohne Kompromisse. Und ob es einen Grund geben sollte, warum die SHOCKS abgehoben sein sollten, weiß ich nicht. Auf jeden Fall sind sie auf dem Boden geblieben. Sie nehmen sich selbst nicht zu ernst. Und das tut gut.
Nur macht das alles meine Rolle als Interviewer immer noch nicht leichter. Wenn keine Antworten da sind, kann man auch nichts schreiben. Und einsilbige Antworten liest sich nun mal keiner durch. Nach einigen Startschwierigkeiten wurde das Gespräch aber flüssiger und das ist der Grund, warum Ihr hier nun doch etwas lesen könnt. Manche Antworten habe ich allerdings im Nachhinein den entsprechenden Fragen zugeordnet, wenn es gepasst hat. Sonst wäre dieses Interview vom Umfang her wahrscheinlich noch mal doppelt so lang gewesen und Euch wäre schnell langweilig geworden. Das wollte ich nicht. Und vor allem - Das sind die SHOCKS nicht! Sie und ihr (nicht nur musikalischer) Stil suchen momentan in Deutschland ihresgleichen. Und jetzt kauft Euch eine Platte von ihnen, geht auf ein Konzert, nehmt alles mit, was Ihr von ihnen in die Finger bekommt. Es lohnt sich auf jeden Fall. Viel Spaß beim Lesen.

THE SHOCKS

Ich habe heute mal ein wenig im Netz rumgesucht & bis auf Eure Homepage kaum was über Euch gefunden. Also keine Interviews usw. Daher mal die ganz blöden Einsteigerfragen. Wer seid Ihr? Wo kommt Ihr her. Seit wann gibt´s Euch, Besetzungswechsel, Bands zuvor, was hat Euch (musikalisch) beeinflusst, hattet Ihr zu Ostzeiten schon in Bands gespielt? Wenn ja, welche…?

DL: Ja hallo, man nennt mich den Don Lotzo und ich spiele bei den SHOCKS den Bass und singe auch ein bisschen.

A: Hey, Alex hier, ich trommel bei den SHOCKS seid 2 ½ Jahren.

S: Ja, Tach, Smail hier. Ich singe, spiele Gitarre… Wir haben alle keine Zweitband. Also das ist hier so unsere Hauptbeschäftigung, diese Combo hier. Naja, es gab zwar ´n paar Besetzungswechsel aber wir sind seit 3 Jahren konstant. Naja. Ich bin der einzige Ossi hier in der Combo. Hab mir hier so´n paar Westpocken dazugeholt. Klugscheißende Westpocken…(lacht)

DL: Der Gastarbeiter…

A: Dem Ossi müssen wir schon ab und zu mal den Kopf waschen…

S: Naja. Seit ´88 mach ich Musik. Mal hier mal da irgendwie. Hab´n paar Bands gehabt. Und die Kollegen ausm Westen hier, denke ich mal auch.

DL: Naja. Wie ging das los mit den SHOCKS? Du (zeigt auf Smail), Halle-Jahn und Benny. Im Winter ´95. In ´nem Keller unter dem „Bären“, falls jemand den Laden noch kennt. Ich komm aus Niedersachsen. Punkrockmucke mach ich seit… Die erste Band, wie hieß die denn…? Ich glaube DRÖHNENDE BRETTERBUTZE, das war ´86, aber die gab´s auch nicht lange…

S: Also da gab´s echt viele Bands, die mich beeinflusst haben. Was mich schwer beeinflusst hat, das war so das erste Konzert, wo ich war, stelle ich jetzt so fest, das waren damals SKEPTIKER, NEWTOWN NEUROTICS, ATTILA THE STOCKBROKER. 1987?! Natürlich auch ´n Haufen anderes Zeug. Aber das war das erste Konzert wo ich war und ich glaube, das hat mich ganz schön doll beeinflusst. Das war so´n offizielles Ding auf der Insel der Jugend. So von der FDJ.

Warum findet man über Euch so wenig? Interviews und so. Seid Ihr Kontaktscheu? Wollen die Leute nichts über Euch wissen? Schreckt Ihr sie ab? So richtig gesprächig seid Ihr ja, wie ich gerade feststelle, nicht…

Alle: Kommt noch.

DL: Ich arbeite an meiner Rauscherweiterung (greift nach seinem Bier…). Nee, das sehe ich eigentlich nicht so. Also ich finde, daß eigentlich genug über uns berichtet wird.

-schweigen-

S: Naja. Ich finde es irgendwie nicht so wichtig, groß rumzulabern…

DL: Also in erster Linie ist uns wichtig, die Musik, die wir machen. Die Texte. Das die Mucke auf jeden Fall passt. Das wir Spaß an der Musik haben. Das das die Mucke ist, wo uns einer abgeht. Oder auch nicht…

Wie sieht denn so ´ne typische SHOCKS-Probe aus…?

DL: Sehr unterschiedlich.

A: Meistens mit viel schlechter Laune (lacht).

DL: Ein schlechtgelaunter. Einer, der anfängt, Bier zu trinken und ein anderer, der nur dumme Sprüche klopft.

S: Und wenn wir Glück haben, kommt da ´n Song raus…. (lacht)

DL: Ja, wie läuft das ab? Also jeder hat so seine Texte. Also hauptsächlich Smaili und ich. Dazu gibt´s dann ´n paar Ideen, die ich vielleicht vorher auf der Akustikgitarre mache und Smaili auch. Und dann treffen wir uns im Proberaum und versuchen das elektrisch zu spielen.

Oh. Akustikgitarre. Vielleicht mal überlegt, ´ne Unplugged-Platte rauszubringen?

DL: Äh steht bei uns noch nicht aufm Programm. Vielleicht. Ich find´s nur einfacher, wenn Du irgendwelche Texte hast, auf der Akustikgitarre ´n paar Akkorde vorzuspielen, um ´ne Melodie zu finden. Aber ich glaube, das ist bei jedem anders.

S: Das ist bestimmt bei jedem anders. Der eine braucht ´n Studio, um Musik zu machen. Der andere eben nur ´ne Gitarre…

Wenn man Euch so betrachte, von Eurem Auftreten und so, bekommt man den Eindruck, daß Ihr Vollzeitpunks seid. Macht Ihr nebenbei noch was Anderes. Und wenn ja, was?

S: Naja. Eigentlich sind wir bloß Hobbypunker…

DL: Was heißt nebenbei? Man versucht sich über Wasser zu halten. Man macht seine Jobs… Und ich finde, vom der Musik leben kann man sicherlich nicht. Aber ich kann mit der Musik, die ich mache überleben. Und das macht Spaß.

Auf dem FORCE ATTACK letztes Jahr habe ich bei JEDEM Plattenstand und auf dem ganzen Festivalgelände Leute rumlaufen sehen, die eine Platte von Euch, vor allem die neue „Bored to be in Zero 3“, in den Händen hielten. Wirklich eine ganze Menge. Wie läuft denn der Verkauf der Platte. Das würde mich mal interessieren…

DL: Und deswegen spielen wir ja auch dieses Jahr auf´m FORCE ATTACK…. (lacht). Ansonsten läuft der Verkauf sehr gut. Die Erstpressung waren, glaub ich, jeweils 1.000 CD´s und 1.000 Platten und die war ziemlich schnell ausverkauft. Und die wurde noch mehrmals nachgepresst, jetzt eine im anderen Vinyl und bei der CD gab´s auch noch ´ne Nachpressung.

Dieses Jahr seid Ihr auch, wie Du schon sagtest, auf dem FORCE ATTACK dabei, in der Zeltbühne, aber zu einer geilen Zeit. Wärt Ihr lieber auf der großen Bühne gewesen? Freut Ihr Euch drauf?

A: Im Zelt auf jeden Fall!

DL: Ich glaube, wir sind da richtig gut bedient mit 23.00 Uhr, ist das glaube ich. Erster Tag, Zeltbühne – finde ich schon spitzenmässig.

S: Wir sind, glaube ich, auch nicht die Band für so´ne riesen Bühne. So ´ne kleine schnuckelige Bühne mit 400-500 Leuten. Ist genau das richtige, finde ich.

DL: So zum Stadionrock zu machen, fehlen uns noch die Gastmusiker. `ne 3-Mann-Combo passt da nicht so rein.

A: Wir sind ja nicht die KELLY FAMILY (lacht).

DL: Die BEATLES sahen auch schon ziemlich Scheiße aus dabei.

Vielleicht scheint es auch nur so zu sein, daß es so ruhig um Euch steht. Ihr macht kein großes Gewese um Eure Sachen, seid auf dem Boden geblieben, spielt in jeder noch so kleinen Spelunke - andererseits aber auch mittlerweile in großen Hallen, wie mit der TERRORGRUPPE und so…

DL: Also wir hatten ´ne Menge Spaß mit der TERRORGRUPPE. Die Tour lief für uns sehr gut. Na außer der kleine Betriebsunfall, der da passiert ist…

Wie kam der Kontakt mit der TERRORGRUPPE zustande? Wie seid Ihr vom Publikum angenommen worden? Ich meine das Durchschnittsalter eines TG-Fan´s ist ja doch relativ niedrig. Habt Ihr BH´s auf die Bühne geworfen bekommen…?

DL: Das ist über Mutti´s Booking gelaufen. Aber man kennt ja die Leute auch schon seit ´ner Weile. Wir wollten schon immer mal mit denen spielen. Auch schon vor so 2-3 Jahren. Wir haben auch mal im SO 36 mit denen zusammen gespielt - naja und so ist das eben gelaufen…

Das dumme war, wir haben immer ziemlich früh angefangen und da hat sich der Saal erst gefüllt. Aber im Endeffekt haben wir ´ne Menge Platten und Merchandising verkauft. Also es lief wirklich gut für uns.

Erstmal findet aber demnächst zwar ein größeres Ereignis aber in kleinerem Rahmen statt. Nämlich die Recordrelease-Party der „Banned from the USA “ - 7“ am 15.5. im Wild at Heart. Das ging ja ziemlich schnell für Eure Verhältnisse, daß die Ereignisse aus dem letzten Jahr so schnell verarbeitet und veröffentlicht wurden. Was kann man von der 7“ erwarten? Inwieweit spielen die Ereignisse der „USA-Tour“ darauf für eine Rolle?

DL: Also ich finde so viel Zeit ist gar nicht vergangen. Also ich meine, das ist ´ne 4-Song EP und wir haben halt das verarbeitet, was uns da passiert ist.

Die kurze Zeit – das kann ja nicht viel sein… ;-) Hinflug, dort, Rückflug, …

DL: Hinflug, Knast, Rückflug, zu Hause…

`N Aufenthalt in den USA hatten wir, glaube ich, 23 Stunden. Aber es ist halt ´ne Menge passiert und wir haben da auch ´ne Willkür erfahren, die uns schon ´n bisschen Nachdenklich gemacht hat. Und darüber haben wir eben ´n paar Songs geschrieben.

Wieso hattet Ihr eigentlich erst nach 7 Jahren Eure erste „richtige“ Full Length-Platte rausgebracht?

DL: Die Band wurde ja von Smail, Benny und Halle-Jahn im Winter ´95 gegründet. Aber das hat sich auch ziemlich schnell wieder aufgelöst.

S: Nach ´m halben Jahr haben wir uns wieder aufgelöst für ´n halbes Jahr. Dann haben wir weitergemacht…

DL: Dann haben Smail, ich und Halle-Jahn weitergemacht. 1997 oder so. Das waren dann diese seltsamen Sonntagsproben, die glaube ich, nur einmal im Monat stattfanden. Weil alle zu fertig waren. Das war´n dummer Tag. Dann kam die erste Single. Und die „Holiday on Zyklonbay“ kam dan Anfang ´99 raus. Und seit dem ging es eigentlich stetig bergauf…

Wie habt Ihr Euch kennengelernt?

DL: Also wir wohnen alle hier im Haus. `Nem ehemaligen besetzten Haus… Ja und ich kenn´ Smail noch, als er bei der ZUSAMMROTTUNG gespielt hat. Da hat man sich schon getroffen.

Das hört er aber nicht so gern, oder?

S: Naja. Ich hänge das nicht so gern an die große Glocke…

Erzählt doch kurz noch mal, was es da für Probleme gab. Einen kurzen Abriss über Eure „USA-Tour“…

DL: Na die hatten keinen Bock auf uns…

S: Und Langeweile wahrscheinlich.

DL: Unsere Fressen haben denen nicht gepasst.

A: Ui. Ich erzähl die Story die ganze Zeit. Ich kann die Story nicht zehnmal erzählen…

DL: Bei mir geht's jetzt schon wieder.

Ihr macht nicht so oft und so gerne Interviews, oder?

DL: Wir versuchen interessant zu beleiben… (alle lachen). Wir machen uns rar.

S: Genau. Das ist pures Kalkül.

A: Stimmt. Bei uns sind immer die Interviewer sauer…. So - „…ähh, die sagen gar nichts. Sitzen immer nur steif da…..und immer wenn die Stopptaste gedrückt wird dann werden ´se redselig…“

Naja. Einige wollen vielleicht schon was über Euch wissen. Wie läuft denn so der Kontakt mit den „Fans“. Über die Homepage?

DL: Also viel läuft über die Homepage.

A: Also sexuell läuft da wenig… - vor allem bei dem da (zeigt auf Smail)

-alle lachen-

S: Wat soll´n das heißen…

Für einige Berliner Bands ist ja ein anderer Stadtteil schon Ausland. Gerade Bands aus Friedrichshain oder generell Ost-Berlin legen ja unwahrscheinlich viel Wert darauf, daß dies im Zusammenhang mit ihrem Bandnamen erwähnt wird. Wie wichtig ist es für Euch, aus OST-Berlin zu kommen? Welche Erfahrungen hattet Ihr sonst mit WEST-Berlin(ern).

DL: Ja. Penz´lberg… Was ist hier punkrockmässig am Start? Keine Ahnung. Zur Recordreleaseparty gehen wir ins WILD AT HEART. Könnte ´ne kleine schnuckelige Familienpart werden. Wenn´s zu voll wird, dann müssen die Leute eben draußen bleiben.

S: Naja. Wir haben eigentlich schon überall gespielt. Schokoladen, Dargstore, LSD, …

A: Also wir haben auf jeden Fall kein Spaß daran, immer wieder in denselben Läden zu spielen. Wir sind gerne abwechslungsreich.

DL: Und noch mal auf dieses „rar machen“ zurückzukommen. Ich denke einfach, es gibt hier Bands, die spielen sich hier in Berlin tot. Die will irgendwann keiner mehr sehen. Dadurch macht man sich auch irgendwann langweilig. 100prozentig. Also ich schau mir ja auch gern mal unterschiedliche Bands an.

Nämlich derzeit zum Beispiel…

DL: Eigentlich gehe ich zur Zeit überhaupt nicht mehr auf Konzerte (alle liegen unterm Tisch vor lachen…). Ist mir alles zu teuer. Kann ich mir nicht leisten…

A: Dieses „Bored to be…” gilt für ihn eigentlich schon seit Jahren…(lacht)

DL: Das hast Du gesagt.

S: Also was ist´n zu Zeit interessant? Also ich finde diese TRÄSH TORTEN sollte man mal sehen. Und SHAKIN NASTIES sollte man auch mal gesehen haben.

DL: Die sind aus Bremen. Meine absolute Lieblingsband ist zurzeit aber immer noch die EXPLODING HEARTS. Eine sehr geile Scheibe…

S: Weil sie tot sind…

DL: Nö, das ist es nicht. Spitzenmucke, man…

Man bekommt dann beim Konzert nun endlich auch die Splitsingle mit den BRIEFS? Warum hat das alles so lange gedauert. Wie lange war die noch mal geplant gewesen? Einer von den BRIEFS meinte ja, daß Ihr momentan einer der Besten Bands der Welt seid…. Wie kam der Kontakt mit denen zustande? Oder auch die mir den SHAKIN NASTIES…

S: Ja wessen Idee war´n das? Ich glaub das war die Idee von Tom gewesen. Tom von RADIO BLAST RECORDS. Wir haben mal ab und zu mit denen zusammen gespielt. Und haben uns verstanden mit denen… Und dann dachten wir - machen wir ´ne Platte.

DL: Genauso war das auch mit den BRIEFS. Das ist auch so entstanden. Wir haben mit denen ´n paar Konzerte gemacht. Uns mit denen gut verstanden. Und dann ist uns die lustige Idee gekommen, uns gegenseitig zu covern. Ja und das Resultat wird dann ab dem 5. Mai im Handel sein.

Und wieso hat das jetzt auch noch mal so lange gedauert? Ich meine angekündigt wurde sie ja schon letztes Jahr im August oder so?

DL: Naja. Da sind einige Sachen schief gelaufen. Wir hatten unseren Song, glaub ich, schon März 2003 fertig. Dann haben die BRIEFS ihren Song aufgenommen, dann wurde das Cover schon fertig gemacht, weil sie, glaube ich, „Fenster“ aufnehmen wollten. Und dann fiel denen ein - „Ach dieser Song ist wohl doch nicht so gut – wir nehmen einen anderen auf“ und da war das Cover schon fertig und stand in den Zeitungen drinne. Dann haben sie eben „Ich weiß“ aufgenommen, „I know“. Dann musste das Cover wieder geändert werden. Und dann kam die Weisspressung. Von der ist übrigens nur eine Pressung von über geblieben. Die anderen vier sind geklaut worden. Von der Post. Dieser Schweinebande. Und bei unserem Song haben dann die Becken so dermaßen geklingelt – da ist irgendwas beim Mastering passiert. Daß wir den Song auch noch mal neu aufnehmen mussten – Und das hat dann alles 4-5 Monate gedauert, ´n halbes Jahr. Aber jetzt isse ja draußen.

Wo nehmt Ihr Eure Sachen auf? Immer im selben Studio? Wieviel Wert legt Ihr denn auf den Sound? Der ist ja, abgesehen vom Gesang, ja auch ´ne Besonderheit von Euch.

S: Nö. Wir sind da flexibel eigentlich. Also wir suchen schon immer ´n gutes Studio, was es halt so bringt. Aber irgendwie gibt´s da nicht so viele, glaube ich, oder?

DL: Gibt´s schon. Sind nur zu teuer. Zu anstrengende Tonmeister. Aber wir hatten da mal ´n netten. Den BIG D. aus´m Lakeside.

S: Also das ist, glaube ich, keine technische Sache. Das ist eher so wie wir spielen. Was wie machen. Oder so.

DL: Na das ist auch ´ne Frage des Equipments, glaube ich.

S: Ich hab halt´n alten Verstärker, das ist vielleicht wichtig oder so. Aber ansonsten machen wir da nichts Besonderes oder so. Wir stellen ´n Mikrophon davor und nehmen auf.

A: Wichtig ist meine Fußmaschine. Die holt den Sound raus.

S: Jaja. Und das Stirnband (lacht). Naja das übliche eben. Wir haben die erste Scheibe eben live aufgenommen. Dir „Too many kicks in ´96“. Aber alles andere danach haben wir so mit Standartoverdubs und so gemacht. `Ne Gitarre rauf, Gesang, Bum, Fertig.

Ihr singt auch fast ausschließlich auf Deutsch. Warum nicht englisch. Ich könnte mir vorstellen, daß Ihr damit noch wesentlich mehr Erfolg, gerade im Ausland haben könntet.

DL: Also wenn Du Dir die „Banned from the USA“-EP anhörst, wirst Du mitkriegen, daß wir da ein wenig Sprachmischung angewendet haben. Macht ja auch Sinn bei der Nummer.

S: Macht bei der Nummer auf jeden Fall Sinn. Ich denke, englisch zu singen, wäre vielleicht wirklich besser, um rumzukommen. `N bisschen die Welt zu sehen. Aber ich glaube, das können wir auch mit deutschen Texten machen.

A: Wir dürfen ja eh nirgendwo rein… (lacht)

S: Genau. Die lassen uns ja alle nicht rein…

In Deutschland fällt mir momentan keine andere Band ein, die das, was Ihr macht ähnlich so gut könnte. Als Band vom ähnlichen Stil fallen mir vielleicht noch die CREEKS aus Dresden ein. Welche Bands gefallen Euch momentan in Deutschland noch am Besten? Mit wem spielt Ihr gern zusammen…?

S: Ja, die CREEKS sind gute Bekannte von uns.

DL: Da spielt ja jetzt auch noch ´ne Band mit auf unserer Releaseparty am 15.5.. Das sind die VENUSSHELLS aus Dresden. Die sind auch aus dem CREEKS-Umfeld. Und die bringen auch demnächst ´ne EP raus. Ihre zweite.

Und sonst? Habt Ihr Kontakt zu anderen Berliner Bands? Macht Ihr was zusammen?

DL: Klar. Da gibt´s ´ne Menge Bands. Zu denen man so Kontakt hat.

S: Naja. Ich sag mal unser Pool aus dem wir kommen so war so ´ne Masse an Leuten – Bands wie die STROHSÄCKE, TRÄSH TORTEN, 16 EYES, OSTSIOUX, TOWERBLOCKS.... Also das waren eigentlich engere Freunde und so. Und sind es immer noch….

(schweigen)

Was haltet Ihr von Interviews… ;-)

S: Also ich finde Interviews meistens scheiße… Weil ich eigentlich nicht so gesprächig bin. Ehrlich gesagt.

A: Ich bin gesprächig, aber dafür nicht scheiße…

DL: Ja Interviews sind wohl wichtig im Musikbusiness. Aber ist das Musikbusiness wichtig? (lacht)

A: Du mit Deinen markigen Sprüchen…

Wer ist eigentlich der Matrikel-Micha? Gibt´s den wirklich?

S: Naja. Ist schon ´n Bekannter gewesen…

DL: Es ist ein Bekannter von uns gewesen, der irgendwann mal aufgetaucht ist und mir mein nutzloses Leben vorgehalten hat. Den nennen wir jetzt mal Micha. Der hatte übrigens ´ne Matrikelnummer. Das war ganz wichtig. Ist er immer noch. Wenn er von seinen Stiftungen berichten darf.

S: Naja, es geht da im Prinzip um Leute, die sich wirklich für Wichtig halten. Die sich über irgendwelche gesellschaftlichen Theorien auseinandersetzen. Die gern ´ne Menge reden und sich gerne reden hören, aber eigentlich sonst nichts auf die Reihe kriegen.

DL: Sie meinen, sie kriegen viel auf die Reihe.

S: Das sie ´ne Menge bewegen – aber eigentlich bewegt sich nichts.

DL: Sie haben zwar ihre Vereine, wo sie ihren Monatsbeitrag bezahlen und ihre politischen Kreise, wo sie untereinander schlaue Sachen reden… Solln sie machen, aber die bewegen bei mir nichts…

Andererseits singt Ihr von „More Kicks“. Fehlt Euch manchmal selber der Antrieb, selbst was zu machen…?

DL: Naja. Oft schon…

Noch mal zur Ostzeit, Smail. Wie sahen denn da die Auftritte aus und wie bekam man die Instrumente. Ich mein, die müssen doch sauteuer gewesen sein.

S: Ja so auf privaten Parties hat man da gespielt. Instrumente… Ja so Eigenbausachen waren da schwer im Umlauf. Nachbauten, was so Zerrer und Fußpedale angeht….

DL: Petersburg…

S: Petersburg war erst viel später. Nee, Regent hatte ich damals. 15 Watt Regent (lacht).

A: Über´n Wartburg-Verstärker gespielt…

S: Dann gab´s in der „Melodie und Rhythmus“…, also wenn du nicht aus Berlin gekommen bist, wie ich damals…, Ich komme eigentlich von 10 Kilometer außerhalb, aus Velten. Das ist so bei Berlin ´ne kleine Industriestadt mit ´nem Chemiewerk und so ´ne Margarinebude…

Kenn ich. Da gab´s zu Ostzeiten mal ´n Fußballverein. Der hieß Chemie Velten…

S: Ja, ´n ganz beschissener Fußballverein. Grün-Weiß… (alle lachen). Ja, das war gleich um die Ecke bei mir…

DL: Der interessiert sich nicht für Fußball… Deswegen hat er auch weniger vom Leben.

S: Das würde ich bezweifeln… (lacht). Also noch mal zu den Instrumenten. Also „Zweite Hand“ lief das meistens. Ja, das war teuer. Also für meine erste Gitarre habe ich 300 Flocken für hingepackt. Ostmark. War echt ´ne Menge. Also ´ne neue im Laden hat 1400 Ostmark gekostet. Und das Durchschnittseinkommen lag ungefähr bei, ich weiß nicht genau, 700 – 800 Ocken. 800, glaub ich. Und was ich da hatte, diese Klampfe da für 300 Flocken war so´n Tschechenmodell. Das war´s noch ´n bisschen billiger. So hat man halt angefangen. Auf Parties rumgeeiert und so. Offiziell spielen war da eigentlich nicht so viel. Zumal wir da auch gerade erst angefangen haben. Es waren mal ´n paar Konzerte geplant, hier in Berlin. Im Jojoclub oder, mensch wie hieß das Ding…? Ist schon so lange her. Ist alles abgeblasen worden. Alles Schnick Schnack. Hat nichts geklappt. Irgendwann mit der ZUSAMMROTTUNG ging's dann los, aber das Thema wollten wir ja lassen.

DL: Ich glaube das fing bei mir auch an, daß man angefangen hat, auf Parties zu spielen. Oder für´n paar Kumpels irgendwo im Wohnzimmer. Waren, glaube ich, die ersten Konzerte, die man gemacht hat.

Heutzutage ist das ja alles ein bisschen einfacher. Instrumente und so. Und auch ´ne CD aufzunehmen kostet nicht mehr die Welt. Seht Ihr das auch so, daß das der Grund ist, warum es momentan auch so viele Scheißbands gibt…?

DL: Ich wollt´s gerade sagen. Dann nehmen die Ihre erste Platte auf. Sofort… Deswegen gibt´s so viel Scheißmucke…Da fehlt einfach dieser Background. Wir finden es einfach ehrlich, naja, Songs zu machen, Musik zu machen, über Dinge, die passieren. Was Dir im Leben passiert.

Und nicht von irgendwelchen Sachen zu singen. Oder etwas nachzuahmen, oder sich irgendetwas hochzuhalten, was man nicht ist oder was einem nicht passiert ist.

A: Also was mich tierisch nervt, sind irgendwie, also wenn man jetzt im Moment von Einflüssen redet… Die Meisten rennen irgendwelchen Amieinflüssen hinterher, die sie durch MTV, VIVA und so serviert kriegen. Ich glaube das ist das große Problem. Das alles irgendwie, was anders ist von MTV und VIVA aufgesaugt wird, in irgendeiner Art verwurstet wird und alle denken, das wär jetzt Punk, das wär alles Mögliche. Und genau so geben die Leute das wieder und das kotzt mich tierisch an. Die nehmen auch nur wieder das auf, was ihnen da täglich serviert wird. Weil das einfach ihr Medium ist…

Kann man der Jugend aber einen Vorwurf machen, daß sie eben nicht diesen 70er, 80er – Jahre Background besitzen, weil sie einfach nun mal nicht so früh geboren wurden. Ich meine, ich bin ja nun auch noch nicht sooo alt. Meint Ihr, die (aktive) Punkrockszene stirbt aus?

S: Naja, die wachsen schon. Also ich gehört vom letzten Sommer, da gab´s ´ne massive Explosion in Neubrandenburg und in Aachen zum Beispiel hör ich von ´nem Haufen Kids, die wieder was machen. Ich denke schon, daß das alles irgendwie weiterläuft. Dass es nicht so ´ne kommerzielle Sache wird. Es gibt zwar ´n Haufen MTV-beeinflusste Leute, aber diese so genannte DIY-Kultur ist schon noch am Laufen, denke ich.

DL: Früher gab´s noch die Kopisten. Ich glaube, die sind ´n bisschen ausgestorben. Du kannst ja mit einfachen Mitteln Dir Sachen zusammenkopieren. Da gehst Du mit, früher waren das ´n paar Pfennige, in ´nen Kopierladen, klebst Dir was zusammen, verbreitest das und fertig hast Du ´n spitzenmäßiges Plakat.

S: Kopisten!? (lacht)

DL: Genau. Die nenne ich jetzt einfach mal so… (lacht). Die Jugend von heute trinkt alle zu viel Alkopops. Wer weiß, was da drin ist. Die sind alle viel zu abgestumpft. Zu viel Zucker im Hirn.

S: Die zappeln zu viel mit der rechten Hand rum. So auf der Maus.

DL: Naja. Es gibt auch immer noch Leute, was ich auch nicht verstehe, gerade die, die ihren Soloanspruch immer verwirklichen müssen, die über das WILD AT HEART abmeckern, daß es zu teuer ist… Was ich auch nicht nachvollziehen kann. Überhaupt nicht. Also da sind wirklich Bands, die aus den USA kommen und sonst wo her. Die brauchen halt irgendwie ´n bisschen Geld, um irgendwie weiter zu kommen. Und ich meine, Geld ist ja eigentlich auch nichts Schlechtes. Aber für manche Leute, die halt gegen Kommerz wettern, aber immer gern ihre Solikonzerte veranstalten wollen…

S: Naja. Geld ist schon scheiße. Aber Du musst damit leben hier. Du bist ja nicht irgendwie auf´m Bauernhof, Du bist hier in ´ner Großstadt.

Abgesehen jetzt mal von der Band. Inwieweit bringt Ihr Euch denn sonst noch so in die Punkrockszene ein? Was ist für Euch noch so wichtig?

A: Das Wichtigste ist für mich – ich will mein eigenes Ding finden irgendwie. Finden und auch tun. Also nicht nur sich da irgendwo einordnen und denn hier über Punkrock labern und so. Sondern das auch machen. Das ist nämlich noch ein ganz anderer Punkt. Und nicht nur irgendwie 18 sein und viele Sprüche reißen und danach genau dasselbe machen, was die Eltern schon gemacht haben irgendwie. Sondern sein Ding zu finden, wo man weiß, da kann ich mit arrangieren, ohne jemanden in den Arsch zu kriechen. Sondern einfach das auch durchziehen.

DL: Wenn man seine Nische gefunden hat, das Ding, was einem Spaß macht, für Dich irgendwie ´n Lebensinhalt ist, und damit klar kommt, muss man nicht damit reich werden.

S: Also ich muss Musik machen. Das ist es so. Wo man ´n bisschen mit Konzerten rumeiert. `N paar Konzerte hier und da organisiert, ´n paar Buttons macht… Dann habe ich mal im Studio ´n bisschen rumgeeiert. `N Haufen Bands aufgenommen. Aber ich denke mal, das Beste was ich kann und was mir am meisten was gibt, ist halt Musik machen… Das ist das, was ich machen will.

Ihr seid ja alle schon etwas älter. So in den Mittdreißigern, würde ich mal schätzen. Was ist für Euch jetzt wichtig und was war für Euch früher wichtig?

A: Da war alles irgendwie offen. Da war nichts oder sagen wir mal wenig…eingetütet. Man hatte irgendwie das Gefühl, man könnte alles tun. Und das ist mir auch so ´n bisschen abhanden gekommen.

DL: Und das ist halt auch an Punk verloren gegangen. Ne Zeit lang.

S: Naja, aber es wird generell enger…

A: Ja, es wird immer enger, aber ich hab das so kennen gelernt. Ich hatte das Gefühl – JETZT bewegt sich was. Jetzt kann man was machen, weil jetzt ist dieser Unmut da, und der Wille – Mach, was Du willst, irgendwie. Dieses „Mach was Du willst“ das war das Hauptthema gewesen.

DL: Dann kam die Benimmregelfraktion und hat Dir den Kopf gewaschen…

A: Na mir nicht, aber einigen Leuten… Ist immer so. Also so läuft es eigentlich immer. Man hat immer so´n Spielraum an Freiheiten, der dann irgendwann immer mehr eingeschränkt wird. Und wenn es irgendwann so sehr eingeschränkt ist, daß nichts mehr funktioniert, dann stirbt die Sache auch. Und das ging dann damals auch relativ schnell. Also, ich gehöre auch nicht zu den Punkern der ersten Stunde, bei mir ging das auch erst 1980 los. Da war das erste Ding ja schon so durch. Das war ja dann schon die zweite Generation oder so. Keine Ahnung. Aber trotzdem hatte ich da immer noch das Feeling – alles ist offen, alles ist möglich. Heute kannst Du für alles gleich immer ´ne Schublade nehmen – das gehört da rein, das gehört da rein. Und das ist natürlich schade, weil, dadurch natürlich weniger passiert. Ganz einfach. Je mehr Du immer alles beschriftest, etikettierst und weglegst, desto weniger bewegt sich ganz klar…

DL: Alle gegen alle.

A: Genau. Aber mein Problem ist ja auch nicht die Szene. Ich bin nicht irgendwie szeneabhängig. Sondern ich muss da irgendwie mein eigenes Ding finden. Das ist das, was ich aus dem ganzen Punkrockding mal einfach herausziehe.

S: Das ist was Individuelles eigentlich.

A: Natürlich. Ich meine, alle reden über Individualität, alle wollen individuell sein, aber die, die es wirklich machen…

Wie viele Leute sind so aus Eurem damaligen Umfeld noch übrig geblieben? Habt Ihr noch Kontakt?

A: An alten Kumpels so von Früher? Kann ich an einer Hand abzählen…

DL: Kann ich auch an einer Hand abzählen…

S: Naja, bei mir sind´s schon noch ´n paar. Alte Bekannte, die ich so aus der Zeit kenne. Zum Beispiel die, die den SCHOKOLADEN schmeißen, die ehemaligen HAF-Leute, die kenne ich auch schon seit Ostzeiten. Ich meine, die trifft man halt nicht dauernd, aber alle machen irgendwie was. Das ist schon o.k.. Also wenige von denen haben sich soweit zurückgezogen, daß sie mit nichts mehr zu tun haben wollen. Familie gegründet haben oder so. Machen zwar alle irgendwie was anderes aber sind alle noch ganz fit in der Birne…

Von den Regeln, die Ihr vorhin angesprochen habt… Diese PC-Sachen, da kümmert Ihr Euch überhaupt nicht drum…?

S: Nö, warum auch.

A: Klares NEIN!

DL: Klares NEIN von mir auch. Doppelt-Nein.

A: So schränkst Du Dich ja ein. Wenn Du irgendwas hinterher rennst…

S: Das hindert Dich am Denken irgendwie eigentlich, oder?

DL: Das hindert Dich daran, Dein Ding zu machen und frisch zu bleiben, wenn Du schon wieder Angst haben musst, daß Du gegen irgendeine Auflage verstößt.

S: Das hindert Dich daran, ´n klaren Gedanken zu fassen, einfach. Wenn Du dauernd diese Schubladen vor die Nase geknallt kriegst.

Mensch, jetzt werdet Ihr ja aber langsam doch gesprächiger. Könnt Ihr jetzt nicht doch noch mal was über Eure „USA-Tour“ erzählen…?

DL: 16. September 2003 (alle lachen)

A: Oh. Jetzt bin ich schon überfragt… Präzisiere Deine Frage…

O.k. - Es ging los. Ihr wart auf dem Weg zum Flughafen Tegel…

DL: Nee. Fuhlsbüttel. Hamburg.

A: (lacht) Siehste, das kam mir schon komisch vor… Was hat uns erwartet? Großes Fragezeichen auf jeden Fall, weil keiner sich das wirklich vorstellen konnte. Alles war offen. Alles war möglich. Da war alles noch machbar.

DL: Alex wurde auf der Reise aber therapiert. Der hat da seine Flugangst verloren. Der einzige, der bei uns unter Flugangst litt.

A: Aber nur mit viel Valium und anderen Geschichten (lacht). Ich durfte in der Mitte sitzen.

DL: Dann haben wir den Jäschke getroffen, dann sind wir einchecken gegangen und da ging es auch schon los. Mit den Gitarrenkoffern.

S: Das war die erste Panne.

(hier vertieft man sich jetzt in Kleinigkeiten)

A: Dann London. Da gab´s eigentlich keine Probleme. Da war alles gut. Gepäck umverladen, weitergeflogen, Seattle angekommen und da ging dann das Desaster los. Den (deutet auf Don Lotzo) haben sie als erstes hier raus gezogen aus´m Flieger.

Du hast auch so ´n bisschen ´nen Südländischen Touch… Gibt´s da Wurzeln?

DL: Das sind schon irgendwelche Wurzeln irgendwo.

S: Eher mentale Wurzeln, ne? Lotzo sein Herz liegt in Portugal begraben… (lacht)

DL: Stimmt gar nicht. Schwachsinn. Ich wurde irgendwann mal so genannt, Don Lotzo, weil ich mich ´ne Weile im Süden rum getrieben habe. In Spanien und Portugal. So ist das entstanden. Und da ich halt der Latinlover der Band bin…

Und deshalb haben sie Dich raus gezogen…

A: Nee, weil er so lettisch-bulgarisch aussieht (lacht)

DL: Genau. Race Caucase. Steht ja bei uns auf´m Zettel. Kaukasier.

(Alex liegt vor Lachen fast auf dem Boden)

Das hat ja nichts mit der Hautfarbe zu tun. Das sind ja die Gesichtszüge.

A: Die Amis haben irgend so ´ne Einteilung, wo wir unter Kaukasier gefallen sind. War schon sehr witzig. Weil keiner konnte sich was darunter vorstellen. Also wir haben danach wirklich irgendwelche Bücher gewälzt, wo man nachlesen konnte, was das eigentlich bedeutet.

DL: Das sind die Gesichtszüge eines Kaukasiers haben wir da auf dem Zettel gehabt und nicht die eines Aborigines.

A: Weil sie bei Dir nicht sicher waren… (lacht)

Und dann…?

A: Filmen im kleinen Gitterbus…

DL: Die Bullen sind ja nach dem Knast mit uns noch mit Einbehalt unserer Pässe in den Flieger zurück. Haben sie dann den Stewardessen abgegeben. Dann sind wir nach London geflogen. Dann sind die Stewardessen mit uns unter Einbehalt der Pässe in London zum CIA gegangen. Und die in London beim CIA haben dann die Pässe durchgeguckt und haben eine Fresse gezogen nach dem Motto: „Was wollt Ihr hier eigentlich von uns mit diesen Leuten?“. Und die Stewardessen haben ja auch nur die ganze Zeit mit dem Kopf geschüttelt. Aber warte mal. Zwischendurch war da noch was. Eigentlich hatte ich was ganz anderes eben.

A: Komm trink noch einen…

DL: Wir haben ja auch gedacht, nachdem die uns vom Flughafen weggefahren haben, ´ne dreiviertel Stunde, wir dann in diesem Knast gelandet sind, wir uns alle komplett ausziehen mussten, wir da einzeln ID-behandelt wurden, aufgeschrieben, mit Tätowierungen, Narben, weiß der Kuckuck, wir da ´n halben Tag waren und dieses Knastprogramm mitgekriegt haben…hier kommen wir erstmal nicht wieder raus. Das war ja dieses Ding, was dann irgendwann bei uns los ging. Wir hatten nie gehört, daß Leute, die ausgewiesen werden noch mal in ´nen Extra-Knast kommen.

Waren da noch andere Leute?

A: Ja, also das war der Witz. Wir sind nachts, nach diesem 6-Stunden Interview in Seattle irgendwie am Flughafen….

Deshalb gebt Ihr so ungern Interviews…

A: Ja genau. (alle lachen)

DL: Wir haben ´n Trauma weg, seit dieser Nummer.

A: Genau, wir sind traumatisiert. Wir sind dann nachts erkennungsdienstlich behandelt worden. Blablabla. Sind dann in diesen Knast gekommen. Und jeder hat dann irgendwie sein Zeug irgendwann gekriegt und wir hatten alle diese blauen Klamotten an…

DL: Und orange Socken.

A: Orange Socken, sind dann in diesen Knast gekommen, wo ´n Haufen Leute gelegen haben und man hat, natürlich weil es dunkel war, nichts gesehen. Kommst in diesen Knast. Und jeder hatte da oben noch irgendwas frei. Jeder hat gesehen, unten liegen überall Leute, alles war voll. Dann liegst Du in irgend ´nem Bett und weißt, was sind da für Leute. Hast Du keine Ahnung, was geht hier überhaupt ab. Alle in einem Riesenraum. In einer Sammelzelle….

DL: Und das lustige war. Da sind dann nachts so zwei dicke Frauen mit Locken, ich glaube es waren Neger, sag ich jetzt mal so, ja Neger, haben auf den Betten rumgeklopft und gesagt: „It looks like a rockband in prison, hö, hö, hö“.

S: Die kamen echt alle paar Stunden rein. War saukalt.

A: Weil der Herr Smail keine Decke gekriegt hat.

DL: Der war der einzige, der keine Decke gekriegt hat.

S: Nee auch so, wenn Du da rum gerannt bist. Das Zeug war so dünn…

Konntet Ihr die Sachen behalten oder musstet Ihr die abgeben?

DL: Naja, wir mussten unsere blaue Uniform und diese orangenen Stockings, die fast bis unter die Knie gingen, die mussten wir wieder abgeben. Und die braunen Plastikbadelatschen. So heißt übrigens auch ´n Song auf der EP. „Blau und Orange“. Ist jetzt nicht wichtig.

Und der Jäschke, wie hat der sich gefühlt…?

DL: Naja. Wir waren halt zu viert und es hat sich auch am nächsten tag herausgestellt, daß unsere Mithäftlinge auch alles Emigartionshäftlinge waren. Aus den Philippinen, aus Mexico. Und die waren auch total nett. Also wir haben da mehrmals am Tag ´n Riesenkanister heißes Wasser reingestellt gekriegt und die haben uns dann auch ihre Teebeutel gegeben. Und so weiter. Mit denen gab´s überhaupt keine Probleme…

S: Telefonieren war auch noch so ´n Thema…

DL: Stimmt. Ich hab ja dann irgendwann von diesem Officer, da wurde gefragt, wo denn Häftling Blablabla mit der Nummer soundso ist. Und ich dann, ja icke. Dann bin ich zu dem Gitter und dann hat er mir ´ne Telefonnummer durchgeschoben: „You can phone Daniel“. Daniel, der Gitarrist von den BRIEFS. Und dann hab ich gefragt: „How, when can I phone him up?“. Und er dann so : “You need an application…”. Musst halt so´n Antrag haben, ´ne Erlaubnis. Und dann kam er auch irgendwann an. Hat mir das Ding durchgeschoben, hab ich ausgefüllt, daß ich halt telefonieren möchte, blabla, wieder durchgeschoben. Aber ich hab auch von diesem Bullen nie wieder was gehört. Also daß ich irgendwann noch mal telefonieren kann.

A: Also interessant war auch beim Frühstück irgendwie, da gab´s dann irgendwie so eingeweichtes Brötchen mit Soße. Also so richtig megageil. So ganz widerlich.

DL: Wurden wir auch in so´n Extraraum geführt.

A: Hab ich gleich Smail weitergereicht, der hat meins mitgefressen und ist, nachdem wir wieder in unsere Sammelzelle gekommen sind, kotzen gegangen. War richtig geil.

S: Da gab´s auch ´ne Zeitbegrenzung für´s Essen.

DL: Das war auch noch der Hammer, ja.

S: Auf der Zelle gab´s auch wirklich nichts zu trinken. Also wenn Du keinen Teebeutel dabei hattest, musstest Du heißes Wasser saufen.

A: Chlorwasser war das gewesen. Richtig eklig.

S: In fünf Minuten, da kannste nichts trinken, da musst Du erstmal Dein Essen…

Sonst gab´s den ganzen Tag nichts?

A: Nö.

DL: Naja, wir durften irgendwie mal so kurz in so´n Ping-Pong-Raum… Wo´s so 3…

A: Wo wir unsere Tattoos zeigen durften…

DL: …Trimmdichgeräte gab.

S: ´Ne Tischtennisplatte.

DL: Da wurdest Du mit 20 Leuten ran geführt und da musste man sich halt ´n bisschen anstellen, um irgendwann mal ran zu kommen. Also ich glaub´ wir haben da mal Tischtennis kurz gespielt, ne? Jäschke hing, glaube ich, die ganze Zeit an so ´nem Trimmgrät. Der musste irgendwie seine Aggressionen loswerden… (alle lachen). Seinen Frust. Und dazu im selben Raum war da ´n Schnellgericht hinter. Da sind da in gelben Klamotten Leute mit Fußketten vorgeführt worden und die haben da auf so ´nem Sofa gesessen. Ab und an wurden sie hinten rein geführt. Manche hast Du da wieder rauskommen sehen und manche auch nicht.

A: Also da gab´s keine Anwälte oder so. Das war ganz schnell abgehandelt, weggeschickt… Das sollte da alles schön schnell gehen.

DL: Und auch in unserer Zelle wurden ab und an Leute aufgerufen. Weiß nicht mehr wie die hießen. Rodriges Blabla. Sind abgeführt worden. Und manche von denen sind wieder gekommen manche auch nicht. Und uns war auch nicht klar, was mit denen passiert ist.

Da bekommt der Song „Fenster in meiner Zelle“ ´ne ganz andere Bedeutung, oder? Spielt Ihr den jetzt mit mehr Inbrunst?

DL: Den hat Smail geschrieben…

S: „Fenster in meiner Zelle“, das hat nichts mit Knast jetzt direkt zu tun. Eher mit so ´ner Kopfsache.

DL: Isolation.

S: Metapher (lacht)

A: Haben wir den seit dem überhaupt noch mal gespielt?

DL: Klar in Kiel und in Hamburg.

S: Nee, hat eigentlich nichts miteinander zu tun.

O.k. Kommen wir langsam zum Schluß. Man wird ja auch irgendwann älter. Wie lange habt Ihr noch vor, die SHOCKS zu machen…?

DL: 5 Minuten… (alles lacht)

S: 3. Dreieinhalb.

DL: Haben wir uns jetzt aufgelöst? Endlich?

A: Deswegen scheuen wir Interviews. Die sind uns zu gefährlich. Man lebt sich auseinander.

DL: Wir kennen uns ja auch alle untereinander nicht so richtig. Und wir reden auch miteinander kaum.

A: Wir haben ´n reines Arbeitsverhältnis. Das muss man mal klar stellen.

DL: Wir haben oft Probleme damit, zusammen ein Interview zu führen, weil wir alle doch sehr intim sein möchten. Mit uns selbst. (lachen)

Was steht denn sonst noch so in Zukunft an. Macht Ihr ´ne neue Platte? Wenn ja, wann kommt die raus? Heißt die dann „THE SHOCKS – Superstars in ZERO 5“?

DL: Mal gucken.

S: Also wir haben vor, so Mitte / Ende September ´ne Tour zu machen. Zusammen mit DISTRICT und den SHAKIN NASTIES. Zwei Wochen Deutschland. Eventuell Schweiz und Österreich noch. Das ganze wollte der Tom von Laak machen, der jetzt bei WEIRD WORLD Booking beschäftigt ist. Mal gucken was das wird. Ich hoffe mal, das klappt.

DL: Ich denke mal für die nächste LP werden wir uns ein bisschen Zeit lassen. Es ist aber immer ´ne Frage, was passiert. Es kann auch sein, daß man ´n komplettes Album innerhalb von ´nem halben Jahr hinkriegt. Aber wir wollen uns da kein Zeitdruck geben. Weil wenn nichts passiert, können wir auch keine Songs schreiben.

A: Also wir müssen nicht jedes Jahr ´ne neue LP machen. Definitiv nicht. So wie´s gerade kommt.

DL: Naja. Jetzt diesen Sommer spielen wir eigentlich ´ne Menge Festivals. Einzusehen auf www.theshocks.de.

Allright. Vielen Dank für das Interview und bis demnächst.