Delikat - Ein letztes Interview

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Ein letztes Mal geben sich die Berliner Ska-Punk-Rocker die Ehre und spielen aus 8 Jahren nochmal Ihre größten Hits. Damit sie nicht ganz in Vergessenheit geraten, veröffentlichen sie gleich auch nochmal eine Abschieds-CD. Wie es zur Auflösung kam und vieles mehr erfahrt Ihr hier….

Hallo Ihr! Lange nichts mehr von einander gehört. Und bevor wir uns ganz aus den Augen verlieren, mal ein paar Fragen an Euch! Wie geht’s?
Chrü: Dit sacht der Richtige, Herr Mayonaise... ausn Augen verlieren...tztztz.
Uns gehts super, der Frühling naht, die ersten beiden Konzerte von der Tour waren feuchtfröhlich schön und wir haben alle ein gutes Karma.

Carolita: Aus den Augen verlieren kommt janich nich inne Tüte, Mausebeen!!

Ihr löst Euch nun am 18. April nach 8 Jahren Bandgeschichte auf. Was sind die Gründe?
Chrü: Als wir vor 8 Jahren unsere Seele an den Rock'n'Roll - Satan verkauften, hat er uns Dinge versprochen wie grenzenlose Glückseeligkeit und haufenweise Drogen. Nun sind wir alle Alkoholiker und mögen kein Ska mehr (zu fröhlich). Auf Emo haben wir aber irgendwie auch kein Bock. Schuld ist eigentlich nur Napster. Unsere Carolöte wird auch bald Zahnklempner und muss sich um ihre sadistische Ader kümmern.

Carolita: Wir haben mittlerweile alle ein Alter erreicht, in dem man sagen kann "jaja, damals war alles einfacher!". Was unsere Musikkapelle angeht stimmt das tatsächlich! Als wir alle noch gemeinsam zur Schule gingen, hatten wir in etwa den gleichen Alltag und zur selben Zeit Ferien, man konnte bandorganisatorisch viel leichter planen, und Papi hat uns den Spaß auch noch brav bezahlt! Jetzt müssenwa selber sehn, wovon wir am Wochenende unser Bier bezahlen sollen (wenn wir nicht gerade zufällig selber Konzerte spielen und der Backstagekühlschrank prachtvoll gefüllt ist). Beruflich und studientechnisch wurden die unterschiedlichsten Richtungen eingeschlagen. Die Freizeit die uns bleibt überschneidet sich leider mehr ungünstig als recht, was das Bestehen einer Band, die ihre Musik am Liebsten live zum Besten gibt, sehr schwierig macht. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir nicht die erste Band sind, die sich aus diesen Gründen auflöst.

Lasst Ihr Eure Finger nun ganz von der Musik oder werden schon neue Pläne für neue Projekte gesponnen?
Chrü: Bis auf karrieregeile Ausnahmen können wir eigentlich alle nix besonderes, das mit dem Musikmachen werden wir wohl alle nicht lassen können. Mal schauen was kommt. Jojo und ich haben mit noch ein paar Leuten (Pityfuck, Brainless Wankers) jetzt schon so ne kleine Partycoverband am Laufen, wir wollen uns auf jeden Fall öfter treffen und bei deiner nächsten Abrissparty spielen. Coverbands ist doch eh die Zukunft!

Carolita: Auf jeden Fall werden wir weiter Musik machen!!! Ich studier' ja nicht umsonst wat "Anständjet"... ich mach das, damit ich später keinen asozialen Chef vor der Nase und mein Wochenende für mich (sprich: Zeit für meine wahren Interessen) hab! Also, jetzt mal ganz abgesehen davon, dass ich auf Blut und Schmerzen stehe...das is wieder 'ne andre Jeschichte... ;o)
Wenn allet jut jeht, steh ich innem halben Jahr wieder den Brettern, die die Welt bedeuten zur Verfügung! Voraussichtlich mit dem Musikprojekt "Mad Cows Infected Tourette Zombies"! Mehr wird erstmal nicht verraten.

Zum Abschied bringt Ihr noch eine kleine Platte raus. „Death, Liquor, Kicks and Trombones“ heißt das gute Stück, enthält 9 Tracks und rockt ziemlich gut durch. Zufrieden mit dem Ergebnis?
Chrü: Volker, unser Produzent, is ne geile Sau. Das Aufnahmen haben zwar delikattypisch wieder ewig gedauert aber wir haben diesmal auch allet jut gemacht und uns nicht so gehetzt wie bei der ersten Platte. Also ich find sie super... geiles Abschiedsgeschenk an alle die uns mögen und an uns selba. Mit Tosten und Andi hatten wir dann auch noch super Leute für's Mixing und Mastering... Schade dass nun allet vorbei is....

Carolita: Auf jeden Fall kein Vergleich zur alten Scheibe...im Positiven!! Hatten definitiv sehr großes Glück mit unserer Produktionscrew, ein riesiges Dankeschön nochmal an dieser Stelle! Von mir aus hätte das Schlagzeug etwas lauter sein können...(scheiss Gitarristen!! ;o) ) aber ansonsten bin ich sehr zufrieden!

Als großartige Liveband hattet Ihr Euch ja längst einen Namen gemacht. Neben gefühlten 10000 Konzerten in Berlin ward Ihr, wenn ich mich recht erinnere mal auf Tour in Rumänien, Ende März geht’s nach Polen, Österreich, Schweiz ward Ihr auch…. Wo war es am schönsten? Wo am dreckigsten? Wo habt Ihr das meiste getrunken, bei welchem Konzert hat Caro die meisten Sticks zerdroschen? Ein Resümee…!?
Chrü: Haha, ach du Scheisse. Also wir waren noch nie in Rumänien... das weiteste war dann wohl Italien. An dem Abend hab ich mit meinem fehlerfreien Englisch gepunktet (If someone has a bass over...). Dafür werd ich immernoch verarscht... zu Recht. Für mich waren die Touren mit Frau Doktor eigentlich das persönliche Highlight. Ich liebe diese Band und die Leute. Da war echt Nonstopparty angesacht. Die alten Männer konnten uns
Hosenscheissern noch ordentlich das Saufen beibringen. Ausserdem war alles überamtlich organisiert. Bis auf einige wenige Ausnahmen waren eigentlich alle Konzerte superspassig, ob wenig oder vielbesucht. Die Berlin Konzerte waren natürlich immer was ganz besonderes. Köln ging auch immer gut ab. Die fiesesten Saufstorys inkl. aller ausgelutschter Rock'n'Roll Klischees hat eigentlich unser Mercher, Labelkonzernboss, Fahrer und Tourbooker 'Bönx' zu verzeichnen. Da wird demnächst nen Buch vom übermächtigen Kollegen (Chefdenker, Blinker Links) erscheinen... ohne Scheiss.

Carolita: Ich glaube du meinst Slowenien, nicht Rumänien! In den Karpaten Rumäniens hätte ich als Draculaliebhaberin ja gerne mal gespielt...aber daraus ist bisher leider nix geworden. Ansonsten kann ich mich eigentlich nur Chrü anschließen. Das Dumme ist ja immer, dass man sich an die wirklich guten Abende meistens nur ganz schlecht erinnern kann, da die Großartigkeit eben dieser gewöhnlich durch jede Menge Schnaps und Bier untermalt wurde. Was bleibt ist einfach ein Gefühl von Glückseligkeit (abgesehen vonner Schraube durch'n Kopp), von dem man nicht mehr genau sagen kann, warum es eigentlich da ist. Also mir geht es zumindest so. Und ich kann mir gut vorstellen - dem Bönx auch!

Ist Euer Labelvater Bönx jetzt traurig, eines seiner Zugpferde zu verlieren?
Chrü: Frag ihn selbst, ich denke, er ist erleichtert...haha.

Bönx: Erleichtert ist das richtige Wort...schade ist es dennoch. Ich habe da aber schon so ne Ahnung, ich hatte für Samstag die Kapelle SMACKHAFT gebucht. Irgendwie kamen die mir alle ziemlich bekannt vor.

Carolita: Haha...ja...ganz bestimmt! Aber solange es noch Frau Mansmann gibt...!

Ist die Auflösung jetzt endgültig oder seid Ihr wie DIE ÄRZTE, RATM oder viele andere bald wieder zurück, weil Ihr es doch nicht lassen könnt?
Chrü: Alles nur Promo! Nee quatsch... die Zeit war leider jahrelang nicht unser treuster Freund. Wir hatten einfach irgendwie die Schnauze voll von Stagnation. Ne Band mit Bläsern zusammenzuhalten ist einfach schwierig, wenn manche in der Band anderen Kram zu tun haben, der wichtiger ist als die Musik. Ich hab glücklicherweise das Privileg, mir meine Zeit recht gut einteilen zu können. Caro's Hardcorestudium bspw. hat es uns einfach nicht erlaubt, länger als n paar Monate im Vorraus zu planen... was auf Dauer halt frustrierend ist. Ich denke also, dass es schon relativ endgültig ist.

Carolita: So richtig vorstellen kann ich's mir ehrlichgesagt (noch) nicht. Aber da ich mittlerweile nicht mehr die einzige unter uns bin, die "ordentlich" studiert, wird es wohl darauf hinauslaufen. Zumal sich zudem noch unsere jeweiligen Musikgeschmäcker verändert haben...Ska landet nur noch selten im CD-Player!