Pop deurope, Berlin, 30.07.05
Señor Coconut´s einzige Show in Deutschland? Wie gut, dass wir in Berlin wohnen. Denn die Pop-deurope-Recken haben sich hier ein echtes Kaliber an den Start und auf die Bühne geholt.
Ein Musik-Weltreisender, dem kein Stil zu fremd, kein Land zu fern ist. Frankfurter Elektronik-DJ der ersten Stunde Uwe Schmidt aka Señor Coconut, der damals vor acht Jahren kurzerhand seinen Koffer packte und sich nach Chile aufmachte. Weil´s so schön dort ist. Aber nicht etwa wegen der Musik. Das natürlich auch, aber hauptsächlich um sein gewohntes Umfeld zu verlassen. Und um lustige Platten mit Kraftwerk-Mambo und „Smooth on the Water“-Salsa heraus zu bringen und den Deutschen zu zeigen, wie man sich als Deutscher locker machen kann. Mit deutschem Cha Cha Cha und Mambo aus dem Computer, live gespielt von dänischer Band mit venezolanischem Sänger. Er selbst macht das zwar nicht so, der Señor, wenn er da steif an seinem hübschen weißen Apple-Notebook auf der Bühne steht, aber wenn das Publikum mit dem Arsch wackelt, ist das Ziel ja erreicht. Und die Show macht die Band. Die rennt dann auch gern mal kreuz und quer über die Bühne, während der süße Sänger mit dem Publikum schäkert und „I love you“ säuselt. Nach Hits wie „Beat it“, ursprünglich von Michael, „Smooth on the Water“ oder Latin-„Doors“-Versionen natürlich. Da muss dann auch nochmal auf repeat gegangen werden und ein zwei Zugaben gespielt werden. Herrlich! Und jetzt komm mir noch mal einer mit Elektro is Scheiße.
Das Konzert ging natürlich nicht gleich so Boogie-Woogie-mäßig los. Wenn auch fast. Anheizer des Abends waren „Think of One“ aus Belgien, die eigentlich nicht nur aus Belgien, sondern auch aus Brasilien kommen. Zumindest auf dieser Tour. Und zwar die Sängerin, die zwei Background-Sänger-Percussion-Frauen und der Drummer. Die wurden nämlich von ihren verrückten belgischen Kollegen kurzerhand beim Musik machen in Brasilien aufgelesen und mit nach Europa auf Tour genommen. Damit sie nach dem Konzert mal auf dem Badeschiff der Arena plantschen gehen können. Aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls gibt’s „Think of One“ eigentlich dreimal. Einmal als „Naft“, dem belgischen Brass-Projekt, dann als „Marrakesh Emballage Ensemble“ mit echt marokkanischer Gnouwa und Gypsy-Bläsern und diesen Sommer eben als „Chuva Em Po“ mit renommierter, alter, brasilianischer Sängerin, ordentlicher Percussion, den „Naft“ Brass-Bläsern und viel wilder Energie auf der Bühne. Leicht durchgeknallt das Ganze, aber musikalisch gesehen der Oberhammer. Und ein Gitarrist der mit seinen Krücken in der Luft herum wedelt, während sich die Brasilianerinnen die Seele aus dem Leib trommeln und die alte brasilianische Sängerin sich über die geschlossenen Bierflaschen, die ihr die Roadies hingestellt haben, beschwert, sind doch mal was wert auf der Bühne! Die können nächstes Jahr gern wieder kommen und als Hauptact auftreten. Egal in welcher Länder-Zusammenstellung.
Zum Schluss ging´s dann noch mit Brazil-Fever weiter. Mit still stehen war da nix an dem Abend. Denn wo Mo´ Horizons aus Hannover die Platten auspacken, wird geshaked. Die legen auf, aber fragt nicht wie! Bossa, Funk´n´Boogaloo´n´all that shit! Im N.N. Club, so einem Fabrikding mit Betonwänden und Stahlrohren drin, das an alte Zeiten der Maria, vor dem Umzug und vor der Sanierung und überhaupt, vor langer Zeit am Ostbahnhof neben dem Postbahnhof, erinnert. Steht aber direkt hinter der Arena, und praktisch neben dem Badeschiff, wo ja die „Think of One“ nach dem Konzert…aber egal. Jedenfalls gab´s dann Latin-Breaks, Funk und Salsa und eine Menge Schweiß. Bis in die frühen Morgenstunden. Super.
Ich ziehe den Hut und sage Danke, liebe Pop deurope. Macht weiter so, Jungs.