Eine Plattenbesprechung zu den Aggrolites zu schreiben, macht im Grunde genommen kaum noch einen Sinn. Erstens erschien das schlicht mit „IV“ betitelte Werk bereits im Sommer 2009 und zweitens sollte nach dem Begeisterungsfeuerwerk, das sich seitdem quer durch die alternative Medienlandschaft gezogen hat, eigentlich jeder mitbekommen haben, dass die Erfinder des Dirty Reggae ein neues Meisterstück abgeliefert haben.
Seltsamer- aber auch erfreulicherweise erreichen die Aggrolites dabei ganz ungewöhnlich für die Subkultur auch genreübergreifend ein breites Publikum. Auch Punkrocker äußern sich nicht erst seit der Kooperation mit Tim Armstrong auf dessen Soloalbum begeistert über Aggro-Reggae, auch im Pop-, HipHop und Soulmilieu hat sich die Band einen Namen gemacht. Wenn Sie mich fragen, zurecht! Wer zwischen ausgedehnten Welttourneen in dieser Hochgeschwindigkeit Platten auf den Markt werfen kann, von denen eine besser als die andere ist, nebenbei eine neue Musikrichtung quasi im Alleingang aus der Taufe heben und dabei trotzdem dermaßen Punkrock bleiben kann, der sollte sich auf seinem Thron auch feiern lassen dürfen.
Folglich ist die Presse begeistert und ich fühle mich kurz versucht, an dieser Stelle nur eine Kollage aus den Meinungen meiner Kollegen zu bieten. Stellvertretend genügen mir stattdessen die folgenden zwei Zitate. Dani Fromm von laut.de meint begeistert: „Das Feuer brennt heißer als je zuvor. [...] Die höllisch groovende Vielfalt, die sich aus diesen Zutaten kreieren lässt, lädt zu einer Zeitreise in die ausgehenden Sechziger ein. Ein Angebot, das man unmöglich ablehnen kann.“
Und Florian Heilmeyer jubelt auf allska.de: „Lechz! Endlich! Die vierte Platte der Aggrolites und wer es noch immer nicht verstanden hat, der wird es nach dem ersten Anhören von "IV" zugeben müssen: Die Aggrolites sind Gott. Wer auch nur ein klitzekleines Interesse am eigenen Seelenheil hat der kaufe diese Platte.“
Was bleibt da noch hinzuzufügen? Veilleicht meine Einschätzung, dass „IV“ das bislang ausgereifteste und deshalb auch essentiellste Aggrolites Album geworden ist. Das noch einmal zu überbieten, dürfte auch diesen begnadeten Musikern schwerfallen. Die aktuelle Platte ist dabei im Vergleich zu den Vorgängern deutlich abwechslungsreicher geworden. Noch mehr Soul und Funk, sogar Country-Elemente, die bisher nur bei „Countrymen Fiddle“ einmal zu Buche geschlagen hatten, vermischen sich mit Dirty Reggae Arschtretern und überzeugenden Rocksteady-Nummern. Hinter „Keep moving on“ höre ich die goldene Stimme von Ken Boothe hervorwinken, „What a complex“ erinnert an Toots and the Maytals, aber auch Songs im Stile der Pioneers oder der Kingstonians schmücken dieses Monster von einem Album. „Feelin’ alright“ zollt beeindruckenden Tribut an den tragisch und viel zu früh ums Leben gekommenen Bassisten David Fuentes, der früher auch bei Hepcat den Viersaiter zupfte. Und die Schweineorgel bei Stücken wie „Soul gathering“ oder „Firecracker“ zaubert mir auch beim zwanzigsten Mal hören noch die Schweißperlen auf die Stirn und Pfeffer unter den Arsch. Jetzt aber Schluss mit dem Wässern der Münder! Kauft euch das gute Stück, dann hat das sanfte Sabbern wenigstens eine sinnvolle Ursache.