Seit fast zwanzig Jahren veröffentlichen die sympathischen Herren mit politischer Mission aus Madrid nun regelmäßig ihre Alben. Wenn ich richtig mitgezählt habe, ist die aktuell aus dem Hafen des Berliner Labels Feier Mettel Records auslaufende Platte Amaneció schon das 11. Punkrock-Schnippchen, dass uns Boikot schlagen. Meine Hochachtung vor dieser Leistung, auch wenn, ich kann und möchte es nicht verbergen, mich die Scheibe erstaunlich kalt lässt. Und das, obwohl sie mit dem Eröffnungs- und Titeltrack gleich ganz ordentlich die Hunde von der Leine lässt...
Schon im ersten Track vereint die Band die spannendsten musikalischen Ansätze, die auf ihrem neuen Werk zum Tragen kommen: Punkrock, Uptempo-Offbeat, ein brachiales Metalschlagzeug und eine gehörige Portion Balkan Savoir-Vivre. Genau die richtige Mischung, um ein rauschendes Fest zu feiern. Seltsam also, dass Amaneció sich insgesamt so gar nicht recht wohl fühlen möchte in meinen Gehörgängen. Ich glaube das liegt daran, dass die Nummer einfach zu durchwachsen ist. Was generell oft als erfrischend abwechslungsreich empfunden wird, legt mir auf diesem Album genau die Schlingen aus, in denen sich der imaginär tanzschuhbewährte Fuß immer wieder verheddert. Herrlich eingängiger Skapunk, der stark an die Singalong Helden von Ska-P erinnert, wird gefolgt von einem Punkrocksong, dessen Intro sich auf einem NoFX Album nicht hätte schämen müssen, nur um direkt danach einem, verzeiht den Ausdruck, ziemlich stumpfsinnigen Hecheloffbeat zu weichen. Soweit noch nicht unbedingt problematisch, schließlich haben Millencolin mit genau demselben einfachen Rhythmus epochale Hymnen geschaffen. Aber spätestens der sechste Song des Albums ist mit seinem Wolfgang Petri Rock einfach nur schlecht. Mann, mann, mann, ich kann nur hoffen, dass die Texte, die ich aufgrund fehlender Sprachkenntnisse (bzw. Übersetzung) leider nicht verstehe, den Song rechtfertigen.
Ja wie gesagt, seltsam, diese Mischung. Es verbergen sich noch so etliche wirklich spannende Stücke auf dem Album. Songs mit ordentlich Biss, dem Arbeiterkampf-Habitus von Banda Bassotti (die übrigens mitgearbeitet haben auf der Platte) und sehr hitverdächtigen Refrains. Wenn da nicht ab und zu ein recht unbeholfen im Vordergrund holpernder Gesang wäre und vor allem immer wieder solche obskuren Einfälle wie in dem Song „No hay que olvidar“: Was sollen denn die Synthie-Effekte im Hintergrund? So was ist mir echt ein Rätsel.
Für Menschen auf der Suche nach politisch engagierter Musik, die zudem sehr vielseitige Musikvorlieben ihr Eigen nennen, ist diese Platte mit Sicherheit absolut empfehlenswert. Meinen Ästhetiknerv verfehlt sie dagegen meistens knapp, nur um ihn selten aber sicher mit der Überzeugungskraft einer Planierwalze zu überreizen, wenn sie verstehen, was ich meine.