Apparatschik - Aurora
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Die Bandgeschichte von „Apparatschik“ liest sich wie ein miniaturhafter Abenteuerroman. Die fünf Musiker wanderten angeblich noch zu sowjetischen Zeiten aus ihrer Heimat aus. Sie verdienten sich ihren Lebensunterhalt als Straßenmusiker und als Matrosen auf einem Schiff der russischen Marine, bis sie über Rumänien nach Deutschland einwanderten. „Apparatschik“ ist gleichzeitig der Name einer 1908 auf der Insel Machorka-Tabakistan gegründeten Kapelle, als deren Erben die heutige Band sich versteht. Die Wehmut und die Sehnsucht nach einer vergangenen und vielleicht nur mythischen Erinnerung läßt sich deutlich heraus hören aus den 12 Songs auf „Aurora“. Auf musikalischer Ebene leuchtet mir dieses Konzept auch völlig ein, nur komme ich ins Grübeln, wenn schon der erste Songtitel „Soldaty“ lautet. Auf der Record Release Party Anfang April im SO36 kommt dann knallhart die Bestätigung für die leise Ahnung, die sich in meiner Magengrube bemerkbar gemacht hatte. Es ist ein bombastisches Feuerwerk an Pathos und Dramatik, das mir um die Ohren fetzt. Es mag ja zu den kulturellen Wurzeln dieser Band passen, aber ich kann und will mich nicht begeistern, für Musiker in Soldatenuniformen, die mit protzigen Hymnen auf die Bühne treten und ein Gestern abfeiern, das heute nicht mehr möglich und wahrscheinlich auch nicht wünschenswert wäre. Was ich damit sagen will: Die alte Thematik vom einsamen Soldaten, der sich nach seinem kleinen Mädchen zu Hause sehnt, hat für mich ausgedient. Da kann noch so viel Bein auf dem CD-Cover gezeigt werden, das täuscht aber noch lange nicht über die Tatsache hinweg, dass sich das Mädel zwischen zwei steifen Panzerrohren räkelt. Nostalgie schön und gut, aber bitte nicht als Massenveranstaltung. So, genug gemeckert, jetzt will ich meine Finger nicht weiter in den Wunden drehen, es ist ja nicht alles schlecht, nicht alles. Der als Volxmusik bezeichnete Stil der Band hat nämlich durchaus seine Qualitäten. Als Tanz und Trinklieder sind die meisten Stücke nämlich allemal bestens geeignet. Viel Offbeat, `ne Menge Balalaika, ein bißchen Stromgitarren-Polka, Akkordeon, Geige und Bläser und nicht zuletzt der männlich-markante russische Gesang, lassen mir die Musik wie eisklaren Vodka wärmend die Kehle hinunter gleiten. Völlig entideologisiert wäre das eine wirklich feine Platte, ein bißchen hölzern an einigen Ecken, apropos genau die, nämlich die notwendigen Ecken fehlen hier, wie zumeist bei russischer Musik, nicht. Das ist jedenfalls keine dieser Platten, die sich nahtlos in das Allerweltsgedudel in der Kategorie „Kurzzeitgedächtnis-und-nicht-weiter“ einfügen. Hin- und hergerissen vergebe ich 6/10 Punkten.