Lange hab ich nicht mehr ein Fanzine mit so viel Freude und Spaß gelesen, wie das CHELSEAS CHOICE aus Österreich. Eher zufällig hab ich es vom Thomas von STEELTOWN RECORDS in die Hand gedrückt bekommen. Auf meiner Fahrt zurück nach Berlin habe ich es dann förmlich im Zug verschlungen. Ich bin ja eher alibimäßig noch PLASTIC BOMB Abonnent. Doch schrecken mich – abgesehen von einigen lesenswerten Kolumnen, die ich auch erst spät entdeckt habe, die standardmäßigen Interviews ab, die teilweise, so das Gefühl, ohne Lust und Laune geführt werden und es wenig Neues und Interessantes zu entdecken gibt. Das fängt schon mit der Einleitung bei den meisten Interviews an, welche standardmäßig mit dem Satz enden: „Grund genug, sich mal der Band xy zu widmen und ihnen ein paar Fragen zu stellen…“. Wenn da jedes Mal fünf Euro im Phrasenschwein landen würden, … Ach lassen wir das. Denn hier sind wir eben beim CHELSEAS CHOICE.
Die Sache ist die, dass ich selbst bei Themen gefesselt bin, in denen ich nicht so bewandert bin bzw. eine Verbindung zu habe. So zum Beispiel beim Thema TATTOOS, welche einen nicht unwesentlichen Platz im Heft einnehmen. Aber das ist ja gerade das Interessante. Und der Sinn eines Fanzines. Zumal bei diesem Thema auch von vielen unterschiedlichen Sichtweisen herangegangen wird. Neben alten Bands und Künstlern (THE CRACK, LEE „SCRATCH“ PERRY, usw.) kommen relativ neue (STRG Z usw.), Kunstkram, Plattensammler drin vor. Abgerundet wird das Ganze durch persönliche Geschichten (teils fiktiv), Szenebericht in Österreich (inkl. limitierter 7“ bei einem Teil der Auflage) und Reviews, welche ausnahmsweise mal nicht alphabetisch geordnet, einer Promo-Maschinerie gleich, herunter gerattert werden. Was nicht passt, passt halt nicht. Meiner Ausgabe lag ein FLEXI-DISC (wie unglaublich cool ist das?) bei, in die ich allerdings noch nicht rein hören konnte. Außerdem konnte ich ein neues Wort lernen („delogieren“). Der österreichische Slang ist manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, aber unglaublich erfrischend. Ich weiß nicht, ob das alles von einer Person allein geschrieben worden ist. In jedem Fall steckt hier viel Herzblut drin. Wenn Ihr das Zine irgendwo seht – unbedingt mitnehmen, das lohnt sich! Mittlerweile ist übrigens auch Ausgabe #4 erhältlich.