Ein Typ, eine Gitarre, die offene Landstraße – das ist das Programm! Und mehr braucht es nicht für die faszinierenden Geschichten, die Vic Ruggiero einmal mehr vor uns ausbreitet. Dieser Kerl ist ein Mensch auf Wanderschaft, ein Getriebener, ja ein musikalischer Vagabund. Aber einer, der sich seinen ganz eigenen Blick auf die Welt bewahrt hat und der so mitreißend davon erzählt, dass er ganz alleine eine Bühne zu füllen weiß. Wer das einmal live erlebt hat, wird es so schnell nicht vergessen.
Nun erscheint mit „Things in My Pocket“ ein neues Album bei Ring of Fire Records (Vertrieb: brokensilence) mit 10 brandneuen Tracks irgendwo zwischen Blues, Folk und dem guten, dem alten und dem wahren Punkrock. Vic Ruggiero nimmt uns mit, ein Stück, auf seinem Weg. Für uns krempelt er seine Hosentaschen um und betrachtet nachdenklich, was sich da über die Jahre so angesammelt hat. Da macht einer Inventur. Er findet Dinge, dreht sie sinnierend in der Hand und kommt darüber ins Erzählen. Und darin ist Vic nach wie vor ein Meister. Man hört ihm nur allzu gerne dabei zu, als säße man mit ihm am Lagerfeuer und als wäre die Nacht unendlich lang.
Wovon erzählt er da genau, fragst du? Nun, vor ein paar Jahren habe ich ihn das selbst einmal ganz naiv gefragt – damals ging es eigentlich um die Songs seiner Band The Slackers. Aber die Antwort hätte er genauso gut für dieses Album geben können. Er überlegte kurz, dann schaute er mich an und sagte: „Weißt du, im Grunde geht es doch immer um Frauen. Es sind Lovesongs.“
Aye, das stimmt irgendwie, aber irgendwie ist das auch viel zu wenig. Denn in den Geschichten, die Vic erzählt, schwingt viel mehr mit. Ja, es geht um zwischenmenschliche Beziehungen. Um ein Du-und-Ich, aber das trifft nur die Oberfläche. Denn was er dort verhandelt, ist ein Lebensentwurf. Einer, der vielleicht aus der Mode gekommen ist, der nicht überall mitgeht, wo Dabeisein zur Maxime erhoben wird. Einer, der manchmal melancholisch klingt. Auf den ersten Blick. Aber Vic erzählt das alles wie immer mit ordentlich Schalk in den Augen und mit Sehnsucht in der Stimme. Und er interpretiert damit eine Welt für sich neu. Und dabei höre ich immer noch herzlich gerne zu.
„The Things in my Pocket“ ist verglichen mit dem aufwendig produzierten Album „Something in my blindspot“ sicherlich ein wenig roher und direkter. Für die neuen Songs hat Vic sich nur wenig musikalische Unterstützung ins Studio geholt, ein bisschen Schlagzeug, ein wenig Bass. Das ist alles nicht auf Glanz poliert. Die ganz großen Hymnen sucht man vielleicht auch vergebens. Aber was er da von sich preisgibt und wie er es tut, das hat noch immer nichts von der Faszination verloren, die weltweit so viele Fans überzeugt.
Das neue Album ist übrigens in einer absolut sammelwürdigen und streng limitierten Colour-Vinyl Version zu haben. Die sollte man sich nicht entgehen lassen. Und noch viel weniger das nächste Konzert. Denn Vic ist unermüdlich unterwegs, bestimmt bald auch in deiner Nähe.
VÖ: 22.09.2022