Chris Murray - One Everything

Sie sind hier

Chris Murray ist ein Phänomen. Und glauben sie nicht, mir ist nicht bewusst, auf welch pathetischer Ebene ich mich mit solch einer Einleitung befinde. Wer das Vergnügen, die einzige One-Man Ska Band der Welt einmal live zu erleben, gehabt hat, weiß wovon ich spreche. Da steht dieser Kerl auf einer riesen Bühne, die üblicherweise großzügig Platz für zehn- und mehrköpfige Kombos bietet, unscheinbar eigentlich und vielleicht ein bisschen verloren, nur bewaffnet mit seiner Gitarre, und trotzdem füllt er den Raum locker aus und zieht das Publikum in seinen Bann. So ist es schwer, sich dem geballten Soul hinter seiner ganz eigenen Art Musik zu machen, zu entziehen. Chris Murray reduziert die Musik in seinen Songs, die größtenteils auf einem einfachen Vierspur-Gerät in diversen Wohnzimmern aufgenommen wurden, auf das Wesentliche, ohne dass man das Ergebnis als eingeschränkt bezeichnen könnte. Im Gegenteil, es wirkt wie ein Destillat dessen, was Ska in den 60ern vielleicht bedeutet haben mag. Dabei fällt es mir sogar schwer, zu sagen, woran es eigentlich liegt, aber diese Platte hat etwas Ehrliches, etwas Offenherziges, das einfach besticht und das ein Stück Wahrheit über Musik offenbart: „music is about good tunes, emotion, soul and above all the ‘groove'” so Fatty Lol von Moon Ska Europe in seinen Gedanken zu Chris Murray. Es ist eine grundpositive Grundstimmung die „One Everything“ vermittelt, nicht im Sinne einer blauäugigen Heile-Welt-Haltung, aber doch immer mit einem verschmitzten Augenzwinkern. So ist z.B. gleich der erste Song „Cooper Station Blues“ so eine schräge Geschichte, die das Leben schrieb. Chris Murray hatte 1995 dem Moon Ska Label Demotapes geschickt. Als er keine positive Antwort darauf erhielt, entschied er kurzerhand, eine musikalische „Beschwerde“ zu schreiben und so seiner Frustration über die Auswahlkriterien des Labels Luft zu verschaffen. Das Ergebnis war der Song „Cooper Station Blues“, der sofort an MoonSka geschickt wurde. Wie es der Zufall aber wollte, kam noch bevor der Song dort einging, die Zusage für eine Platte vom Label und so ergab es sich, dass der erste Song auf dem Album sich darüber beschwert, keinen Plattenvertrag bekommen zu haben. Außerdem finden sich auf der Scheibe unter den 17 weitestgehend selbst komponierten Stücken auch geradezu geniale Coverversionen z.B. vom Ur-Toasters-Song „Thrill me up“ und von der Rocky Horror Picture Show Hymne „Science fiction double feature“. Chris Murray, der ursprünglich als Sänger der Kanadischen Ska Band King Apparatus bekannt wurde, geht mit seinem Soloauftritt weit über das hinaus, was man gemeinhin von Singer-Songwriter Projekten erwartet. Sein jetzt erschienenes Best of „One Everything“ ist von Null auf Hundertundeins eine meiner Lieblingsplatten geworden. Mehr davon!

www.chrismurray.net
www.moonskaeurope.com