Hier kommt ein Album für alle, die angesichts monströser Telleränder eher die Kletterschuhe als das Weite suchen. Das bei Moanin gepresste Dancehall Album „Cityopian Spirit“ gibt sich zweifellos sehr modern und kommt mit viel shakalag, synthie-sound und rumsrumsbass um die Ecke gerauscht, bittet dabei aber unbedingt und mit fast herrischer Stimme aufs Tanzparkett. Und immerhin steht mit Longfingah im wahrsten Sinne einer von uns auf der Bühne.
Mr. Longfingah startete seine Karriere als Hip Hop und Reggae MC, wechselte aber ruckizucki hinter das Mikrophon der vor wenigen Jahren noch sehr aktiven halbberliner Ska-Punk Kombo Ska-T. Seit 2003 verdiente er sich außerdem seine Sporen bei den monatlichen Schokoladen-Sessions von Wood in di Fire. Dieser Mann weiß also Bescheid. Er beherrscht eine mächtige Handvoll Lehreinheiten in Sachen Ska, Rocksteady, Reggae und Jamaican Jazz. Und das hört man, wenn er sich jetzt auf Solopfaden seiner Musik-Leidenschaft hingibt. „Cityopian Spirit“ ist nicht einfach ein gut tanzbares Dancehall-Album geworden, es schmilzt stattdessen mühelos Rocksteady, Rub-a-Dub, Raggamuffin, Dubstep, Esperanto Feeling und True Scorcher Reggae in den gerade deshalb so raffiniert servierten Pudding. Und diese fleißig von mir zusammengetragene Begriffsexplosion steht nicht einfach nur, wie so oft im Musikbiz, stellvertretend für augenwischende Keksverzierungen und hinterhältige Lockmittel die gut sichtbar oben auf den anzupreisenden Artikel gesteckt werden. Nein, ich meine, in diesem speziellen Fall ist es der Cuisine tatsächlich gelungen, mehr aus den vielen wohlklingenden Zutaten zu kreieren als nur die Summe ihrer Teile. Trotzdem ist das dritte Longfingah Album nichts für 67-74 Puristen – soviel ist schon einmal klar. Wer aber mehr als zwei Ring-Ding Alben gerne hört, der sollte bei „Cityopian Spirit“ unbedingt mal ein Löffelchen versuchen.