Es ist ein seltsames Phänomen: Bei manchen Bands liegen zwischen der Performance auf ihren Platten und derjenigen auf der Bühne ganze Welten. Die Aggrolites beispielsweise überzeugen mich mit jeder Platte mehr, ihre Bühneshow dagegen nimmt mich stetig weniger mit. Genau umgekehrt verhält es sich bei den anderen „Superstars“ der Szene.
Die Slackers heizten (man möchte fast sagen erwartungsgemäß) dem Yaam beim Release von „The Great Rocksteady Swindle“ dermaßen ein, dass die Platte zuhause im Vergleich dazu von vornherein auf verlorenem Posten stand. Dort steht sie dann aber leider auch sehr konsequent, wie der Autor dieser Zeilen an geeigneter Stelle deprimiert feststellen musste. Die letzten Veröffentlichungen der New Yorker standen unter keinem guten Stern. Mühsam musste sich der geneigte Fan die erhaltenswerten Rosinen aus einem mehr oder weniger mürben Teig zusammensuchen. Unumstritten genial war meines Erachtens zum letzten Mal: „Close my eyes“ aus dem Jahre 2003. Aber halt! Da hätte ich fast diese kleine, unscheinbare Sammlung mit dem Titel „Lost and Found“ vergessen. In limitiertem Gewand, und hier fast ausschließlich als Japan-Import zu beziehen, ist es aber auch ein Leichtes, diese letzte Slackers-Publikation zu übersehen. Das jedoch, meine Freunde, wäre ein fatales Missgeschick. Denn „Lost and Found“ versammelt zwar fast ausschließlich, zumindest für den akribischen Sammler, bekannte Songs der New Yorker. Die Zusammenstellung enthält aber absolute Klangperlen, bzw. Neuauflagen aus der Geschichte der Band, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Schon das Cover verdeutlicht es: Hier finden sich Versatzstücke aus allen bisherigen Slackersplatten: J’s Schnautzer von „Peculiar“, die Magazine vom Tisch auf „Close my eyes“, der blutrünstige Militärköter von „International War Criminal“, die gehörnte Ehefrau von „The Question“, um nur wenige Details des munteren Suchbildes zu nennen. Ähnlich kreativ haben sich die Slackers auch musikalisch an ihre alten Aufnahmen gemacht und präsentieren nun: frühe Aufnahmen im aktuellen Dirty Reggae Gewand, Songs aus diversen Soloprojekten mit Bandbegleitung oder bekannte Klangbilder mit neuer (Sänger-) Rollenverteilung. Die neuen Varianten von „Two Face“ und „Tonight“ sind Kilometerfett. Der, so weit ich es sehe, komplett neue Song „If you see my Baby“ allein lohnte schon den Kauf des Albums. In jedem Fall ist „Lost and Found“ eine herausragende Sammlung kompositorischer Ideen, die über das in letzter Zeit etwas unglückliche Händchen der Band bei der Zusammenstellung neuer Alben locker hinwegtröstet. Hier lohnt sich das schnelle Zuschlagen, vor allem weil niemand weiß, wie lange die limitierte Auflage der Platte noch zu haben sein wird.