Es war einmal…: In einem „Szeneladen“ in einer süddeutschen Großstadt wurde ich vor vielen Jahren angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, beim Videodreh für einen neuen Song von Smokie mitzumachen. In spontaner Empörungswallung lehnte ich entschieden ab.
Und die Pointe der Geschichte: Tatsächlich weigerte ich mich hauptsächlich deshalb so vehement, weil ich im Eifer des Moments Smokie schlichtweg mit der sich damals gerade in einem Nerven zerfetzenden Reunion Feldzug befindlichen Band „Blondie“ verwechselt hatte.
Inzwischen hat sich mein musikalischer Horizont gewaltig verändert. (Hört, Hört!) Vieles habe ich dazu- und lieben gelernt. Trotzdem ist auch Manches gleich geblieben. (Wie beruhigend.) Die 80er Jahre z. B. lehne ich musikalisch gesehen nach wie vor kategorisch ab, und wer mir hinterrücks und ohne Vorwarnung ein gehauchtes „Mariiiiiiiiii-aaaaaah“ in den Gehörgang säuselt, der bekommt immer noch die überaus seltene Gelegenheit, mich im Blutrausch zu erleben.
Das ist eine dieser kleinen Wahrheiten, die im Wirbelsturm dieser mäandernden Welt feststehen, eine Insel der Ruhe und Sicherheit in einer verwirrenden Zeit, etwas, an dem man sich festhalten kann: Nein! Ich mag sie nicht, diese Blondie! So simpel aber auch so selbstbewusst dachte ich noch bis vor wenigen Tagen.
Aber dann kamen ein paar Skinheads aus Finnland und veröffentlichten ein unscheinbares Scheibchen namens „Punkrocksteady“ – darauf eine Art Chronik musikalischer Sozialisation, ein Who is Who aus der Plattensammlung eines Punks der ersten Stunde. Vierzehn Coverversionen von Szenevätern wie The Clash, Buzzcocks, Joy Division, Sham 69, Elvis Costello und Cock Sparrer. Und gleich als Opener: Ein Cover von Blondies “Heart of Glass”! Aber WAS für ein Cover? Noch bevor ich in meinen imaginären Kragen beißen kann, bin ich schon vollkommen gefesselt und ich gebe den Labelchefs von Pork Pie überwältigt recht: Endlich mal ein Album mit Coverversionen, die die Welt tatsächlich braucht!
Street Credibility hatten sich ja The Valkyrians in der Skawelt inzwischen ohnehin erarbeitet. Auf ihrem dritten regulären Studioalbum stellen sie diese gleich in zweifacher Weise unter Beweis. Einerseits durch ihr zur Schau gestelltes Wissen, nämlich darum, welchem Punk in der Musikhistorie tatsächlich die Dankesblumen zustehen. Andererseits zeichnen sie mit der geballten Kraft ihrer Schweineorgel die überzeugendsten Reggae Rhythmen dieser Tage nach. Gut, die Stimmlage des Sängers muss man mögen, aber die Rocksteady Version vom Misfits Song „Astro Zombies“ und natürlich die Dirty-Reggae Variante von „Heart of Glass“ sind absolute Raketenstücke und machen das Album in meinen Augen zur Pflichtveranstaltung! Immerhin schaffen es die Finnen, mich bis zu einem gewissen Grad sogar mit Blondie zu versöhnen. In einem Musikvideo würde ich deshalb aber noch lange nicht mitspielen…