am 23.08.03 beim Dippach-Open Air
Gerade mal eine Nacht war ich nach meinem „Erholungsurlaub“ in Form einer 14-tägigen Jugendfreizeit bzw. Ferienlager, wie wir Ostdeutschen sagen, als BetrOi!er in Holland zurückgekehrt und schon sollte es gleich wieder in die Vollen gehen. Wie sollte ich das bloß überstehen. Wenn es hoch kam, hatte ich in den vergangenen Tagen gerade mal 6 Stunden geschlafen. Meistens waren es doch eher nur zwischen 3 und 5. Und König Alkohol war dabei fast immer mein Begleiter. Klar. Anders kann man 80 Kinder wohl auch nicht über diesen Zeitraum ertragen… Oder vielleicht doch?
Dann wäre ich wohl aber wenigstens etwas fitter gewesen. Aber egal. Jammern hilft nicht. Zu sehr hatte ich mich auch auf dieses Event gefreut. Auch schob ich beiseite, daß mein Chef mich gleich nach der Rückkehr aus Holland anrief, daß ich die kommende Woche gleich 5 Mal die Frühschicht machen sollte, was also gleich wieder wenig Schlaf bedeutete. Das durfte man nicht verpassen.
So richtig daran glauben mochte ich noch immer nicht. Erst als man mir auf dem FORCE ATTACK einen Flyer, dieser Veranstaltung in meine ungewaschenen Hände drückte war ich mir halbwegs sicher, daß an dem Gerücht FUCKIN´ FACES würden noch mal live spielen etwas Wahres dran ist.
Soweit alles in Ordnung. Nur sagte mir just an dem Tag meiner Rückkehr aus Holland meine Mitfahrgelegenheit nach Dippach, wo das ganze stattfinden sollte und in der Nähe von Eisenach liegt ab, so daß ich mir doch irgendwie einen Kopf machen musste, wie ich da nun am Besten runter kam.
Meine Rettung fand ich in Nuffe (Danke noch mal – und Du hast bei mir nun was offen!!!), der mich mit 2 anderen Leutchen 450 km nach „unten“ chauffierte und wohlbehalten auch wieder zurück brachte. Aber dazu später. Die Strecke stellte sich als länger heraus als ich dachte. Glücklicherweise war das Auto aber so klein, daß der Kasten „Frankfurter Pilsener“ auf die Rücksitzbank verfrachtet werden musste und wir somit genügend Proviant für die Fahrt hatten – außerdem stand ich ja auch noch gut im Training. Wer weiß wie lange die Fahrt noch gedauert hätte. Nur Nuffe hat sich das ursprünglich bestimmt anders vorgestellt. Denn immerhin hat er auch einen, nicht unerheblichen Betrag zum köstlichen „Nass“ beigesteuert und musste nun mit ansehen, wie sich der Kasten zusehends leerte (Auch dafür noch mal Danke – Du hast noch was bei mir offen!). Aber einer muß ja nun mal den Fahrerarsch machen & irgendwann triffts jeden. Und immerhin blieben für ihn ja auch 3 Biere übrig ;-)
Nach mehreren Pinkelpausen kamen wir dann auch endlich irgendwann am Ort des Geschehens an. Wir hatten zwar keine Ahnung, wo das ganze nun genau stattfinden sollte. Aber direkt kurz nach dem Ortseingangsschild tummelten sich bereits so viele Punks auf den Strassen, daß man ihnen einfach nur folgen musste. Das Wetter war nicht so toll, aber immerhin sollte das ganze in einem großen Bierzelt stattfinden, so daß man den Wettereinflüssen nicht all zu sehr ausgesetzt sein sollte. Gut so.
Also rein. Während wir ein blaues Armbändchen bekamen liefen die meisten allerdings mit roten Armbändchen durch die Gegend. Was sollte das? Gab´s am Eingang ´ne Gesichtskontrolle, durch die wir gnadenlos durchfielen? Bekam man damit irgendwo das Bier billiger? Haben sie damit unseren physischen Zustand eingeschätzt?
Nein. Man erzählte mir später, daß man gar nicht mit so vielen Leuten gerechnet hatte. Und nachdem 2.000 (!) Leute Ihr Armbändchen bekommen hatten, waren die roten einfach alle und man verteilte von nun an blaue Bändchen. Puh! Glück gehabt
Generell waren die Veranstalter sehr, sehr zufrieden. Kein Wunder.
Richtig schön haben sie das gemacht. Fressbuden, Bierstände, wie auf so einem kleinen Volksfest. Wenn ich’s mir recht überlege, war es das ja auch fast.
Keine Ahnung mehr wie lange, hatten FUCKIN´ FACES nicht mehr gespielt. Damals hatten sie sich, als die Kommerzvorwürfe immer lauter wurden und schließlich Flaschen auf die Bühne flogen, getrennt & hatten seitdem nichts mehr gemacht. Bis zum Anfang des Jahres. Der ursprüngliche Schlagzeuger (kurz vor Auflösung der Band spielten sie eine Weile schon ohne ihn, soweit ich mich erinnern kann) DROPS arbeitet mittlerweile in einem Fitnessstudio in Dippach und hat durch seinen Job jemanden von SONNE OST kennen gelernt. Die machen auch Musik, wenn auch nicht soooo punkig. Aber immerhin schien der Kontakt so gut zu laufen, daß sich auch die „FACES“ mal wieder im Proberaum trafen und ein wenig musizierten. Anscheinend kam bei den Proben wieder so viel Spaß auf, daß man sich dachte, wieder mal live zu spielen. Und wenn das nicht schon genug gewesen wäre. Nebenbei schrieb man sogar noch neue Songs, die dieser Tage auf NASTY VINYL in Form eine Split-CD mit SONNE OST erscheinen. FALSCHER FILM heißt die übrigens. Davon erfuhr ich aber auch erst während des Konzerts.
Und dies war der Hammer. Die ersten 3 Bands, darunter SONNE OST, haben wir leider verpasst & so schenkten wir erstmal DRITTE WAHL unsere volle Aufmerksamkeit. Ich glaube, die Jungs aus Rostock habe ich in den letzten Jahren so oft wie keine Zweite Band gesehen. Musikalisch fahren sie je ein volles Brett auf & das nur mit einer Gitarre auf der Bühne. Im Studio kann man ja immer viel rumtricksen. Aber, daß sie das noch gut live umsetzen können spricht sehr für die Klasse dieser Band. Allein um die Live-Variationen und die kompromisslose Umsetzungen zu hören, lohnt es sich mal ein DW-Konzert zu besuchen. Da ich sie aber schon so oft sah, fand ich sie diesen Abend nicht sooo klasse. Sie hatten wohl arg mit dem Bühnensound zu kämpfen, was einer Band ganz schnell den Spaß an einem Konzert vertreiben kann. Das Publikum sah es aber nicht so eng und feierte die Band knapp 80 Minuten gnadenlos ab. Einen guten Eindruck eines solchen Konzertes kann man sich auf der LIVE-Platte von DRITTE WAHL namens „ROGGEN ROLL“ verschaffen, welches im letzten Jahr erschienen ist. Eine weitere Überraschung in Form eines Silberlings erwartete mich dann aber beim Besuch des DW-Merchandise-Stand. Denn dort gab - und gibt es in Zukunft auch nur dort und auf der Homepage der Band - einen zweiten Teil der Liveplatte zu erwerben. Diese nennt sich „MEER ROGGEN ROLL“ und enthält weitere Livestücke, die auf dem ersten Teil nicht enthalten waren und ist, soweit ich weiß, erstmal auf 1.000 Stück limitiert. Also haltet Euch ran.
Die Leute feierten & das Bier floss in Strömen. Unglaublicherweise wurde das, halbwegs gut schmeckende, Fassbier an die Leute in Gläsern (!) ausgeschenkt. Sowas habe ich auf Punkrockkonzerten noch NIE erlebt. Dass die da keine Angst hatten?! Aber so was kann man wohl wirklich nur in Sachsen / Thüringen machen. Dort herrscht fast immer eine friedliche Stimmung.
Und dann kam die Band auf die alle gewartet hatten. Die FUCKIN´ FACES. Machten sie anfangs doch misstrauische Gesichter so wichen die Gesichtszüge bald einem freundlichen Lächeln und man spielte sich durch die gesamte Schaffensphase inklusive aller 3 Studioalben der Band. Selbst die neuen Songs brachte man gut ins Programm ein, ohne jetzt aber großartig auf die Neuerscheinung der Splitplatte groß rumzureiten. Selbst ich war überglücklich, noch mal ein Stück meiner „Jugend“ erleben zu dürfen. Schließlich waren sie die Band, die mir auf dem ersten Teil der SICHER GIBT ES BESSERE ZEITEN…. – LP-Reihe auf HÖHNIE RECORDS positiv aufgefallen sind und mich später lange Jahre begleiteten. Überhaupt begleiteten mich die „FACES“ bei einigen Geschichten meines, na ja, doch noch jungen Lebens. Auf diesem Sampler war der Song „Wir wehren uns“ drauf, den sie an diesem Abend jedoch nicht spielten. Ich glaube, weil sie nicht mehr sooo hinter dem Text stehen und ihn teilweise für pubertär halten. Das war jedenfalls die Begründung, als sie das letzte Mal, daß ich sie sah, den Song nur nach mehrmaliger, lautstarker Aufforderung und nur unter schärfsten Protest spielten. Das tat der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Das Dauergrinsen biss sich in meinem Gesicht fest und als sie nach über eineinhalb Stunden die Bühne mit dem Satz verließen: „Vielen Dank Leute, kommt gut nach Hause. Macht nichts kaputt, dann können wir das nächstes Jahr vielleicht wiederholen…“ war ich doch glücklich diese Band noch mal gesehen zu haben. Von jemanden aus dem Umkreis der Band erfuhr ich, daß die FUCKIN´ FACES ein paar Tage zuvor schon mal so eine Art „Testkonzert“ in einem Jugendclub in der Nähe von Eisenach machten. Hoffen wir also mal, daß sie wieder so viel Spaß an diesen Konzerten gefunden haben und uns in Zukunft wieder des Öfteren beehren.
Nach etwas Plauderei und dem dazugehörigen Bierkonsum ging es nach wieder mal nur 3 Stunden Schlaf zurück in Richtung Heimat. Dort angekommen ging es erstmal ins Bett und auch noch nach dem Aufstehen war ich Glücklich. Und wenn es tatsächlich noch mal ein weiteres Konzert dieser Art gibt bin ich auf jeden Fall wieder dabei.